Exposé
Umfang des Roman-Manuskripts
229 Seiten / 60.019 Wörter / 401.450 Zeichen (mit Leerzeichen)
DIN A4-Format – Schriftgröße 12 – Schriftart: Courier New
Normseite: 30 Zeilen a 60 Anschläge
Der Plot
Die vorliegende Brachialhumoreske handelt von einem Familienclan, der nach dem Motto lebt: „Wo wir sind, ist das Chaos, aber wir können nicht überall sein!“ – Im Zentrum der Handlung steht dabei eine Frau mittleren Alters namens Oda. Ihren exotischen Namen verdankt sie einem fundamentalen Missverständnis. Als nämlich ihre Mutter Elfie seinerzeit dem Erzeuger des Mädchens die knallharte Frage stellte: „Na, wie soll dat Blach denn getz heißen? – Rapunzel ODA Annegret?“ entschied sich dieser Vollhonk für „ODA“ und dabei blieb´s! – Unter dem Eindruck dieser hirnrissigen Namenswahl zog Mama Elfie nun endgültig die Reißleine und jagte den Dämlack zum Teufel, fand jedoch schon recht bald einen würdigen Nachfolger: Wölfi, den ehemaligen „Fremdenlegionellen“ (O-Ton Elfie) und 15 Jahre älter als sein hassgeliebtes Weib. Inzwischen stehen die beiden kurz vor der Silberhochzeit und in ihrer Beziehung sind die Rollen schon längst klar verteilt: Wölfi ist nämlich gleich nach der Eheschließung als Amur-Tiger losgesprungen und sofort ganz hart als Bettvorleger gelandet. Ihn deshalb jedoch als „Pantoffelhelden“ zu bezeichnen, wäre absolut unangemessen; denn selbst seine Pantoffeln hält die Elfie unter Verschluss und rückt sie bestenfalls zu hohen Feiertagen heraus, falls der Herr Gemahl zuvor besonders brav gewesen ist! Unter Elfies Kommando durchstreifen die beiden fortan ruhelos die Welt (oder was sie dafür halten), stets auf der Suche nach dem idealen Wohnsitz. Doch jedes Mal bleibt ihnen das heftig begehrte Glück verwehrt, eben weil die beiden ja auch immer sich selbst mit auf die Reise nehmen. Auf jeden Fall sorgt die Elfie über all die Jahre hinweg stets dafür, dass keine Langeweile aufkommen kann, da sich die beiden ja praktisch ununterbrochen auf der Wanderschaft befinden – falls Wölfi nicht gerade im Krankenhaus liegt, weil er mit seinem „Maukenbeik“ mal wieder ganz furchtbar „auf die Schnauze“ geflogen ist! Elfies „Sonnenschein“ Oda indes stolpert von einer Ehe in die nächste; denn weder die Beziehung zu einem Schuhmacher, der en passant die „Schuhe to go“ erfindet, noch die Hochzeit mit einem mexikanischen Karussellbremser und erst recht nicht die Verbindung mit dem Schlangenbeschwörer Ali Ben Mamba können ihr das heißersehnte Liebesglück bescheren. Erst als sie nach zahlreichen Irrungen und Wirrungen im legendären „Nacktexpress“ der „Butjadinger Erlebnisbahn“ den Vorsitzenden der Bergwacht von Büttgen-holmersiel kennenlernt, scheint ihr inbrünstiges Sehnen gestillt zu werden. Auch der höchst solvente Okko Wubke Brunzlinger ist von der Oda hin und weg, entpuppt sie sich doch als begnadete Melodica-Virtuosin, die mit ihrem exzellenten Spiel so gut wie jedes Publikum in den galoppierenden Wahnsinn treibt. Doch leider ist auch die Ehe mit dem „Bergwächter“ Okko Wubke nur von bescheidener Dauer; aba Oda findet schließlich doch noch ein spätes Glück in einem abgeschiedenen ostfriesischen Flecken – unter einem Dach mit ihrer „Mama“ Elfie, deren „Bettvorleger“ Wölfi und ihren 7 allerliebsten Kätzchen…!
Wie unschwer zu erkennen ist, handelt es sich im vorliegenden Falle um einen fiktionalen Text, den eines besonders auszeichnet: eine unbändige Lust am Fabulieren! Eine irgendwie geartete „Message“ wird der Leser zwar vergeblich suchen, es dürfte aber eine Menge zu lachen geben! Wer ein Faible für genau diese Art von subversivem Brachialhumor hat und es darüber hinaus nicht allzu tragisch findet, sich auch mal unter seinem Niveau zu amüsieren, dem wird dieser Roman sicherlich gefallen!
Leseprobe
XII.
DIE ODA ROCKT DIE WESERMARSCH, BIS DIE MELODICA IM …
Endlich war er da, der große Tag, dem ganz Büttgenholmersiel seit Wochen schon entgegengefiebert hatte. Seit dem Morgen-grauen standen die von nah und fern angereisten Besucher dieses einzigartigen Spektakels in 7er-Reihen mit wachsender Ungeduld vor dem Eingang des Festzeltes und hatten nur ein Ziel vor Augen: sich den absolut besten Platz bei diesem Wahnsinns-Event zu erkämpfen, notfalls mit Bronchialgewalt! Doch dieses Ansinnen war nicht ganz so einfach umzusetzen, da im Vorverkauf aus-schließlich nummerierte Platzkarten angeboten worden waren, womit der Überraschungseffekt doch arg limitiert war. Außerdem war diese Veranstaltung schon seit langem restlos ausverkauft, so dass nach den Gesetzen der Logik auch keinerlei Restkarten mehr an der Abendkasse zu erhalten waren. Aber dennoch standen Büttgenholmersieler wie auch Besucher aus den restlichen Zonen der Welt treu und brav den ganzen Tag über an, um drinnen im Festzelt einen Premium-Logenplatz zu ergattern, auch wenn man nur im Besitz einer Stehplatzkarte für ein lauschiges Plätzchen draußen vor der Großbildleinwand war! Wie bereits gesagt: der reine Wahnsinn! Natürlich machten die über viele Stunden hinweg unverdrossen Wartenden eifrig Gebrauch von den feilgebotenen Erfrischungsgetränken, die von ganzen Heerscharen fliegender Händler mit Feuereifer herangekarrt worden waren, so dass schon gegen Mittag die Warteschlange vor dem Zelteingang gewaltige Schlagseite zeigte und nicht wenige schließlich koppheister im Morast eintauchten! Endlich gegen 18.00 Uhr erfolgte der inständig herbeigesehnte Einlass ins Festzelt, doch schon das Entree wurde für so manchen erwartungsfrohen Musikjünger zu einer höchst schmerzhaften Begegnung der dritten Art; denn die stämmigen Securities der Bergwacht von Büttgenholmersiel (verstärkt durch zahlreiche vierschrötige Kraftpakete aus dem Nord-Kaukasus) waren von Anfang an fest entschlossen, keinerlei Missverständnisse hinsichtlich ihrer enormen Durchschlagskraft aufkommen zu lassen, und so verschafften sie sich auch bzw. gerade auch bei eben solchen Zeitgenossen kompromisslos Gehör, die für gewöhnlich als beratungsresistent galten. Und genau diese nachhaltige Erfahrung blieb auch dem sattsam bekannten Stänkerkopp Enno Küppers nicht erspart, der – mal wieder voll wie´n Eimer – die hochengagierten Sicherheitskräfte als „Garagenparker“,„Weicheier“,„Warmduscher“ und „alte Schwuchteln“ glaubte apostrophieren zu müssen, was dazu führte, dass zunächst seine neue Zahnvollprothese und dann er selbst direkt neben dem Festzelt im tiefen Sumpf versank. (Die Sucharbeiten nach Herrn Küppers dauerten bei Redaktionsschluss noch an!) Auf jeden Fall sorgten all diese höchst motivierten Kräfte dafür, dass auch wirklich jeder Besucher dieses Events ohne lästige Debatte seinen richtigen Platz fand, und sei es auch nur in der Notfallambulanz am Rande der Festwiese, wo der Medizinalrat Dr.med.Dr.med.vet.Hasso Stümper unverdrossen seines Amtes waltete. Und dann hieß es gegen 19.30 Uhr auch endlich „Bühne frei“ für den schon sehnsüchtig erwarteten Festakt „25 Jahre Bergwacht Büttgenholmersiel“. Nach einem unnötig kurzen, gerade mal eineinhalbstündigen Grußwort übergab dann die neue Landrätin Heidrum-Hortensia Torkelsen das Mikrophon an den „hochverehrten Herrn Vorsitzenden“ der Bergwacht Büttgenholmersiel und dieser konnte anlässlich dieses sensationellen Events doch tatsächlich nicht nur sich selbst,sondern auch wieder seine legendäre „Jodel-Sepp-Gala-Uniform“ präsentieren,eben weil kurz zuvor ein reitender Bote der Bundesbahn das gute Stück fast unversehrt zurückgebracht hatte. Festredner Okko Wubke Brunzlinger setzte nun zielstrebig das fort, was die Landrätin Torkelsen bereits so vielversprechend begonnen hatte, nämlich das erwartungsfrohe Publikum ausdauernd und ungebremst in den Tiefstschlaf zu quatschen, und das gelang ihm nun auch ohne größere Probleme! Als Brunzlinger nach ca. zwei Stunden seine launige Festrede beendet hatte, standen die Veranstalter nun allerdings vor dem gravierenden Problem, wie sie das Publikum wieder wach kriegen sollten! Ein erster Versuch mit dem ganz spontanen Auftritt der „Wiefelsteder Schiethacken“ und einem Potpourri ihrer größten Erfolge wurde gleichsam vom Schnarche verweht, ja,selbst die hochgerühmten „Dödelhofer Vollpfosten“ standen mit ihrem Medley „Auer Bäst zus Fest!“ auf verlorenem Posten, so dass der sonst stets vor Heiterkeit berstende Chef der Truppe, der „jodelnde Alm-Öhi“ Wastl Rohrzangl, wutentbrannt seine nagelneue Wurf-zither ins Publikum feuerte, ohne damit allerdings die geringste Resonanz zu erzielen! Und wer weiß, welchen Verlauf dieser Event genommen hätte, wenn Okko Wubke nicht plötzlich einer göttlichen Eingebung gefolgt wäre: „Ich glaube“,war er sich absolut sicher, „jetzt kann uns nur noch Eine helfen: die Oda!“Schon stürzte er hinter die Bühne, wo Oda gerade ebenfalls ein Nickerchen machte, schüttelte sie aufgeregt und bölkte ihr ins Ohr:„Oda, Oda, wach werden! Dein Auftritt! Die Leute warten doch schon!“ Noch im Halbschlaf griff Oda nach ihrer Melodica, stürmte auf die Bühne, enterte das unschuldige Mikro und entlockte dann ihrem Instru-ment nie gehörte Wunderklänge: „Wir lagen vor Madagaskar…“ – und mit einem Schlag war das Publikum hellwach und stand im Nu vor Begeisterung auf den Tischen.Und wer hatte die zwischenzeitliche Tiefschlafattacke der Securities mal wieder kackfrech zum eigenen Vorteil ausgenutzt,sich auch ohne gültige Eintrittskarte Zutritt zum Festzelt verschafft und stand nun also direkt vor der Bühne und grölte aus Leibeskräften mit? Na, wer schon: Natürlich Bolko, der gestern noch von Elfie alarmiert worden war und der auch ohne Ticket Odas Supershow nicht verpassen wollte. So hatte er sich ganz spontan auf die Suche nach einem Bulli gemacht, zum Glück auch einen gefunden und dann die Korni und den Holgi, die Kuni und den Duni, die Pucki und den Schlucki zu einer Spritztour ins wunderschöne Butjadingen eingeladen,und als die Vicky das Wort „Spritztour“ hörte, war sie natürlich eben-falls sofort Feuer und Flamme, genauso wie ihr Superrammler Ringo! Selbstverständlich war ein solcher Trip nicht ohne Schlenker über Güllenhusen zu realisieren; denn für die Elfie sollte ja an diesem Abend ein Lebenstraum in Erfüllung gehen: Endlich durfte sie den geliebten Saltolino Pizzicato einmal live erleben, und allein für dieses Wahnsinns-Erlebnis wäre sie anschließend sofort absolut freiwillig in die Grube gesprungen! Aber die Elfie hatte natürlich die ganze Bagage nicht ohne Hintergedanken eingeladen, denn dann konnten die ja gleich danach beim Umzug nach Schietenbüddel mithelfen! Bekanntlich trat die Elfie dort ja zum nächsten Ersten ihre Stelle als Bahnhofs-Klofrau an und folglich konnte jetzt ja auch dort die neue Dienstwohnung bezogen werden. Doch zunächst einmal zog hier die Oda das Publikum in ihren Bann und das alles war schon sensationell genug; denn die meisten Fans waren doch hier aufgeschlagen, um die angekündigten Superstars wie die „Dödel-hofer Vollpfosten“, die „Kraxenthaler Arschgeigen“ und vor allem oder gar einzig und allein den Schmusebarden Saltolino Pizzicato live and unplugged zu erleben! Und dann das: Eine unbekannte Schöne erweckte das völlig verschnarchte Publikum aus seinem Dornröschenschlaf und trieb es mit handgemachter Volksmusik in die Hyperventilation, wenn nicht gar in den galoppierenden Wahnsinn. Als Oda dann auch noch den Jahrtausend-Hit „Weine nicht, kleine Eva“ auf ihrer „Hammonia 5000“ (Mängelexemplar!) anstimmte, entwickelte sich im Nu eine gefährliche Massen-hysterie, die bald in ein orgiastisches Gekreische weitgehend hirntoter Fans mündete („Oda, ich will ein Kind von dir!“), bis plötzlich Okko Wubke auf die bescheuerte Idee kam, quasi bei Tempo 200 mit Schmackes den Rückwärtsgang reinzubrettern, indem er nun parallel zu Odas absoluter Weltklasse-Darbietung den absolut idiotischen „Superdödel-Alpenländler“ ohne Vorwarnung auf die Bretter legte und damit im Festzelt spontane Panik auslöste. Wer weiß, wie dieser Abend wohl ausgegangen wäre, wenn die Oda in diesem Moment nicht, wohl einer göttlichen Eingebung folgend, die unverwüstlichen „Bergvagabunden“ intoniert hätte! Auf jeden Fall trug Odas Geistesgegenwart nachhaltig zur Beruhigung der Gemüter bei,während Okko Wubke Brunzlinger gleich nach seinem erzwungenen Rückzug von der Bühne einer Person in die Arme lief, der er hier wie auch anderswo am liebsten wohl überhaupt nicht mehr begegnet wäre, nämlich der berühmt-berüchtigten Oberstudienrätin Camelia Schmott-Klötenpieper aus dem Heidedörfchen Poppensen, die in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Selbsthilfegruppe „Stalking für echte Weiber!“ nach intensiver Recherche den armen Brunzlinger ausfindig gemacht hatte und ihm nun backstage auflauerte. Und das Ende vom bitterbösen Lied? Ohne größere Umschweife packte sie zunächst mal den feuchten Traum ihrer schlaflosen Nächte an Arsch und Kragen,riss ihm dann betont ruppig seine exklusive „Jodel-Sepp-Gala-Uniform“ vom Leibe und schleppte ihn anschließend zu einem dumm herumstehenden Bühnenwagen, wo sie sich den Okko Wubke mal wieder so richtig vornahm und ihn dabei nach allen Regeln der Kunst durchritt, bis der nur noch um Gnade fiepen konnte! Während Brunzlinger nun die folgenden Stunden erneut hyper-ventilierend unter Camelias Sauerstoffzelt lag und somit für die weitere Moderation des Abends nicht mehr zur Verfügung stand (was aber wohl keinem weiter auffiel), stürzte Oda das hellauf verzückte Publikum in einen Begeisterungstaumel nie gekannten Ausmaßes, indem sie ihr gesamtes Repertoire rauf- und runter-spielte, also so ungefähr, Pi mal Daumen, sechs unsterbliche Hits, ohne dass ein Ende absehbar gewesen wäre. Natürlich rief Odas sensationelle Bühnenshow gewaltiges Missfallen beim Stargast Saltolino Pizzicato hervor, der backstage schon länger ungeduldig mit den Hufen scharrte. Irgendwann im Laufe des langen Wartens spielten ihm dann aber die Nerven einen Streich, ja, er verlor die mühsam bewahrte Fassung und stürzte hinaus auf die Bühne. Sodann enterte er mit dem Benehmen eines kanadischen Holzfällers das Mikro, indem er die fröhliche Musikantin unsanft beiseiteschob, und begrüßte das sicher zu Recht irritierte Auditorium mit seinem Riesen-Hit „Ich träum von dir noch in der Eigerwand, o mio amore!“ Und während die Oda jetzt wie bestellt und nicht abgeholt auf dem Podium herumlungerte und Saltolinos Edelfan Elfie sich vor Begeisterung mal wieder ganz zwanglos einpullerte, begann im Zelt jetzt die Stimmung bedrohlich zu kippen, was der Superstar aber erst merkte,als ihm die ersten vollreifen Tomaten an die Omme flogen! Tja, ob Saltolino Pizzicato es nun akzeptieren wollte oder nicht, eines stand jedenfalls unumstößlich fest: Die Leute wollten nicht ihn, nicht die „Wiefelsteder Schiethacken“, auch nicht die „Dödelhofer Vollpfosten“ und erst recht nicht die „Kraxenthaler Arsch-geigen“ hören, die bereits seit Stunden strumpeldun in ihrer Garderobe herumlagen, nein, nein, die Leute wollten nur noch eines: die Oda hören, und das machten sie unmissverständlich klar,indem sie jetzt aus voller Brust skandierten:„Wir wolln die Oda hörn! Wir wolln die Oda hörn! Hejahee, wir wolln die Oda hörn!“ Und als nun Saltolino Pizzicato noch immer keinerlei Anstalten machte, die Bühne zu räumen, musste der Bolko jetzt aber doch mal Klartext reden, und das tat er auch ohne lange Umschweife, indem er sich vor der Bühne aufbaute und den Star (oder was davon übrig geblieben war)drohend anblaffte: „Hömma, „Saltolino, du Arschgesicht, verpiss dich oder ich ramm dir dat Mikro in die Rosette!“ – Ja, mit dieser Auskunft konnte der populäre Schmusebarde tatsächlich etwas anfangen und so zog er sich, begleitet von einem orkanartigen Flaschenhagel, schmollend in Richtung Garderobe zurück, wobei ein überreifer Kürbis, der nachlässig an seinem Quadratschädel zerplatzte, seine Entscheidungsfindung beträchtlich forcierte!Und selbst die sechs ausgelosten Dorftrampelinnen hatten plötzlich auch keinen Bock mehr, sich von Saltolino backstage schwängern zu lassen, aber auch das war kein Problem; denn für alle sechs sprang die Vicky in die Bresche und bereitete dem Schmusebarden nie gekannte orgiastische Wonnen, deren erzeugte Energiemenge völlig aus-gereicht hätte, das Festzelt rund um die Uhr zu illuminieren. Als Saltolino Pizzicato schließlich wie ein nasser Sack back-stage in irgendeiner Ecke lag, sah sich zu allem Überfluss nun auch noch die unvermeidliche Camelia Schmott-Klötenpieper genötigt, dem ausgepumpten, hohläugigen Barden den Rest zu geben! Mit anderen Worten: Was diese Dame jetzt auch noch mit dem vormaligen Superstar veranstaltete,grenzte schon an Leichen-fledderei! Und wer weiß, wie es den hackedichten „Kraxenthaler Arschgeigen“ ergangen wäre, wenn sie sich nicht im allerletzten Moment noch vor den rasenden Sex-Furien in ihrer Garderobe hätten verbarrikadieren können, wobei sie von Glück sagen konnten, dass die massive Eichentür dem wütenden Ansturm dieser Springerstiefel bewehrten Weibsteufel erfolgreich widerstand, während sich die lustigen Musikanten in der Raummitte zähne-klappernd an den Händen hielten und gerade wieder das Beten lernten. Auf jeden Fall aber hatten sich hier mit Vicky und Camelia zwei Schwestern im Geiste gesucht und gefunden und so beschlossen sie ganz spontan, künftig in engster Kooperation ihr exklusives Hobby zu praktizieren, und das ließ ja für die Zukunft so einiges erwarten, zumal diese beiden superheißen Naschkatzen ja nicht umsonst als kommunikatives Kompetenzzentrum galten und sich tatsächlich zu jeder Tages- und Nachtzeit in hocherotischer Alarmbereitschaft befanden! Keine Frage, der versammelten Männerwelt standen stürmische Zeiten bevor! Doch irgendwann im Morgengrauen fand die Jubiläums-Gala der Bergwacht Büttgenholmersiel ein abruptes,ja schockierendes Ende: Nach mehr als sechs Stunden ununterbrochener Bühnenpräsenz und beflügelt von einem enthusiastischen Publikum musste die Oda ihr Solo-konzert vorzeitig beenden, weil ihr mitten in der 63. Wieder-holung des Riesenhits „Wir lagen vor Madagaskar“ die glühend heiße Melodica in Flammen aufging. Nur der Einsatz der zufällig anwesenden Altkatholischen Feuerwehr Schrappschöttelerdeich konnte schließlich Gott sei Dank die Ausbreitung der Flammen und somit einen verheerenden Großbrand im Festzelt verhindern. Zu jenem Zeitpunkt befanden sich erstaunlicherweise bereits die ersten Gäste auf dem Heimweg, um noch rechtzeitig zur Morgen-andacht von Pastor Düvelook in der Kapelle „Zum heiligen Judas“ auf der Matte zu stehen,während andere Besucher zur selben Zeit mal wieder medizinisch erstversorgt werden mussten. Dies betraf primär das unzertrennliche Kleeblatt Korni, Holgi, Duni und Schlucki, denen im Erste-Hilfe-Bereich des Festzeltes, gleich neben dem stark frequentierten VIP-Sektor, von den bumsfidelen Rettungssanitätern der Bergwacht zum dritten Mal in dieser Nacht der Magen ausgepumpt werden musste, und während dieser Prozedur wollte das Höllengelächter aller Beteiligten kein Ende mehr nehmen. Eine andere Person war zwischenzeitlich schon längst wieder auf dem Heimweg, fühlte sich dabei jedoch ganz furchtbar um die Erfüllung ihres wohl einzigen Lebenstraums betrogen: Ja, die Elfie war doch bekanntlich zur Gala in Büttgenholmersiel nur deshalb aufgebrochen, weil hier ja der Live-Auftritt ihres Idols Saltolino Pizzicato angedroht worden war, doch mehr als einen Live-Tupfer hatte dieser strahlend helle Stern am Schlagerhimmel eben nicht darbieten dürfen, und das aus Gründen, die Elfie einfach nicht nachvollziehen konnte, aber dieser kurze Tupfer hatte immerhin genügt, dass sie sich in unbändiger Freude über diesen Kunstgenuss bis zum Stehkragen einpullerte, und so kam es, wie es kommen musste, und zwar schneller als gedacht: In Anbetracht des arg ramponierten Outfits und der penetranten Geruchsbelästigung kannten die Securities bei Elfie absolut kein Pardon mehr; denn eine solche Sauerei zog ja bekanntlich Kreise und fiel dann für gewöhnlich auf den Veranstalter zurück! Und so war es auch kein Wunder, dass die Elfie im Festzelt die rote Karte zu sehen bekam und mit den Worten: „Alte, verpiss dich!“ barsch hinausbefördert wurde! Gut nur, dass nun ihr „Idiot“ seit langem mal wieder einen geradezu sensationellen Gedankenblitz hatte, kurzzeitig auf Bolkos Spuren wandelte und wenig später mit einem spontan „ausgeliehenen“ Tandem-E-Maukenbeik auf-tauchte (getreu seiner Devise:„Nur keine Exkremente!“)und die Elfie – pladdernass, wie sie war – auf direktem Wege nach Güllenhusen beförderte.In Anbetracht dieser logistischen Großtat konnte die Elfie ihrem Gatten den verdienten Respekt eigentlich ja nicht mehr verweigern, aber eben das fiel ihr doch verdammt schwer! Der etatmäßige Chauffeur Bolko hingegen blieb unauffind-bar und war auch Tage nach seinem wundersamen Wiederauftauchen nicht willens, vielleicht aber auch ganz einfach nicht fähig, zu seinem zwischenzeitlichen Aufenthaltsort irgendwelche sachdien-lichen Hinweise zu geben! Und während Kuni und Pucki im Vorraum der Notfallambulanz hockten und auf die Gesundheit ihrer Lieben einen Rosenkranz nach dem anderen beteten, saß Oda noch immer schreckensbleich im Backstage-Bereich neben dem Sauerstoffzelt, unter dem Okko Wubke noch arg derangiert seiner „Wiederauf-erstehung“ entgegenfiepte, und versüßte ihm bis dahin die quälende Phase der Rekonvaleszenz durch den einschmeichelnden Klang ihrer turkmenischen Maultrommel, die sie in weiser Voraus-sicht auch noch zu diesem musikalischen Großereignis mitgebracht hatte. Und ob man´s nun glauben mag oder nicht: Odas Zauber-klänge wirkten wahre Wunder und schon bald konnte sich O.W.Brunzlinger, gestützt auf die Melodica- und Maultrommel-Virtuosin Oda, auf den Heimweg machen, auch wenn er noch ein wenig wackelig auf den Beinen war. Unter dem Eindruck dieser Begegnung mit einer echten Samariterin war es für den Vorsitzenden der Bergwacht Büttgenholmersiel aber keine Frage mehr, wem er bis in alle Ewigkeit sein Herz und noch viel mehr schenken wollte, und so fiel er nun mitten im Watt – gänzlich ungeachtet der einsetzenden Flut wie auch seiner geretteten Gala-Uniform – auf die Knie nieder und machte der Oda in aller Form einen Heiratsantrag, den sie aber unter Hinweis auf ihre formal noch bestehende Ehe mit Sunny Sunrise alias Galomir Kümmelkack bedauernd ablehnen musste. Okko Wubke jedoch verwies mit Nachdruck-soweit ihm dies konditionell schon wieder halbwegs möglich war – auf seine exzellenten Kontakte zur politischen Nomenklatura und machte seiner neuen Herzdame dabei berechtigte Hoffnungen auf eine signifikante Abkürzung der üblichen Scheidungsprozedur. Und das hörte die Oda natürlich mit einigem Wohlgefallen, allerdings legte sie größten Wert darauf,dass sich eine solche Scheidung für sie auch kräftig auszahlte, und zwar vor allem bzw. einzig und allein in finanzieller Hinsicht! Wär doch gelacht, wenn sich der Sunny nicht kräftig schröpfen ließe! Aber da war sie doch recht optimistisch! Und im Vertrauen auf Okko Wubke Brunzlingers im Brustton der Überzeugung vorgetragene Heiratsabsichten beschloss Oda nach der Rückkehr in ihr alpines Watt-Chalet spontan, mit ihrem neuen Galan nun in aller Unschuld das Lager zu teilen und ihn mit den Zauberklängen ihrer Maul-trommel in den Schlummer zu wiegen, und alsbald versank Okko Wubke in einen beseligenden Genesungsschlaf!
Im Gegensatz zu ihrem Töchterlein Oda war der Elfie dieser Jubiläums-Event der Bergwacht Büttgenholmersiel gar nicht gut bekommen: Ganz abgesehen von der Riesen-Enttäuschung, ihren Jungmädchenschwarm Saltolino Pizzicato bestenfalls rudimentär erlebt zu haben, hatte sie sich auf der Heimfahrt mit dem „geleasten“ Tandem-E-Maukenbeik eine ganz fiese Blasen-entzündung geholt, eben weil der hassgeliebte Wölfi in die Pedalen getreten hatte wie ein Geisteskranker, und der eisige Fahrtwind hatte dann ein Übriges getan. Und so konnte sie die nächsten Tage treu und brav bei Medizinalrat Dr.med. Dr.med.vet. Stümper antraben, der sie dann durch spirituell-energetisches Handauflegen und stundenlange Wattschlamm-Rollkuren ruckzuck wieder in die Spur brachte. Beschleunigt aber wurde dieser Heilungsprozess durch den hochkonzentrierten Einsatz der selbstentwickelten Dr.Stümper-Hydro-Infusionstherapie, die bis dahin nur in der Veterinärmedizin Anwendung gefunden hatte, und dort sogar mit beträchtlichem Erfolg: Dreimal täglich also wurde die Elfie jeweils zehn Minuten lang per Gartenschlauch mit gigantischen Wassermengen vollgepumpt, und gegen das kurz darauf einsetzende kaskadenhafte Dauerpullern hatte das Bakterium Escherichia coli nicht den Hauch einer Chance. „Jau“, meinte Dr.med.Dr.med.vet. Hasso Stümper, „diese Biester muss man eben gleich richtig hart rannehmen, dann wissen die sofort Bescheid und verpissen sich!“ So war die Elfie schon bald wieder durch-gegrünt und konnte gleich das nächste Großprojekt in Angriff nehmen: den heißersehnten Umzug nach Schietenbüddel! Natürlich hatte sich wieder ein hochkarätiges Team um die Elfie geschart: nämlich der Obermacker Bolko als „Chef de Cafouillage“ sowie die stets bewährten Helfer Korni und Holgi, Kuni und Duni, Pucki und Schlucki, Vicky und Ringo sowie – gerade noch rechtzeitig von ihrer Wattwanderung im Münsterland zurückgekehrt – Marie Juana und ihr Traumprinz Gonzo! Die Oda aba ließ sich entschuldigen: Sie müsse sich noch immer um den maladen Okko Wubke kümmern und dessen recht schleppenden Genesungsprozess musiktherapeutisch begleiten, und dafür hatte natürlich fast jeder Verständnis! „Aber dat ich ne Lackhose-Impolteranz habe“, meldete sich jetzt der große Denker Gonzo angefressen zu Wort, „dat indressiert hier mal wieder keine Sau. Wenn aber irgendsonnen Heiopei vonne Küsten-Bergwacht ma vor sich hinschwächelt, dann wird da gleich so´n Riesengeschiss drum gemacht!“ „Genau!“ lallte Duni, den Gonzo anscheinend voll und ganz überzeugt hatte, und kippte gleich den nächsten doppelstöckigen „Koppheister Extrabreit “ hinunter. Und trotz der zunehmenden Schlagseite achtete Duni penibel darauf, dass er von dieser absoluten Premium-Spirituose nichts verschüttete, denn das Zeug fraß Löcher und eine Hose hatte er sich damit schon versaut! „Leute!“ verschaffte sich nun aber Bolko Gehör und was er zu sagen hatte, schlug dann auch ein wie eine Bombe. „Leute! Ich weiß gar nich mehr, wie oft wir inne letzten Jahre wohl die Elfie und den Wölfi bei ihrn Umzügen geholfen ham, und jesmal sind wir dabei um Jahre gealtert:…“ –„Genau!“ -„Ey, Schnauze, Duni! Zunächst ma den Fahrzeugpark beschaffen, ohne dat die Bullens ein erwischen, dann die ewige Hin- und Herfahrerei mitti Möbels, meistens hackedicht, also getz mein ich nich die Möbels…“ „Genau!“-„Ich kann mich jenfalls an Einzelheiten kaum noch erinnern, dann dat Geschleppe mit die ganzen Prüllen Treppe runter, Treppe hoch, und je länger der ganze Umzug dauern tun tat, desto besoffener war´n wir dann, und immerhin war ich ja auch noch als Kapptän der Landstraße unner-wegs,unzwa ohne „Pappe“,wenn ich dat ma so sagen darf…“ „Genau!“ „…und natürlich immer sternhagelvoll, wenn ich dat auch ma so sagen darf!– Also, Elfie, ich wollt getz nur sagen: Ihr werd ja sicher nochn paarmal umziehn und drum ham wir hier beschlossen, dat wir euch ma´n bissken entgegenkommen tun, und dat heißt: Wir ham nu beschlossen, wir ziehn nah bei euch bei, und dat heißt, direkt anne Küste – nach dat schöne Dunholt; denn da gibts en Zentrum für betreutes Trinken und eben da woll´n wir alle hin, wenn ihr versteht, wat ich meine!“ -„Genau!“ sprach Duni das Schlusswort, und auch Schlucki konnte sich Bolkos Worten nur anschließen: „Viel besser hätt´ ich dat wohl auch nich sagen könn´, oder so! Dunholt ist knorke, ey!“ – „Genau!“ brachte es Duni erneut auf den Punkt! Ja, der Mann blickte voll durch! „Dat is doch wohl allet nich euern Ernst!“ entgegnete die Elfie kopfschüttelnd. „Wer soll denn wohl dem ganzen Riesenumzug nach Dunholt organisieren? Dat is doch´n Riesenprospekt!“ – „…,jekt‘ heißt dat! Pro-jekt!“ korrigierte die Pucki nun todesmutig, wich aber im selben Moment vor der zischenden Viper Elfie ängstlich zurück. „Dat glaub´ ich getz aba nich, du willst mich doch wohl nich die Flötentöne ins Deutsche beibringen, da lach ich mich ja kaputt! Wer von uns beiden war denn wohl innen 4. Schuljahr mit weiten Abstand die Klassenbeste in Deutsch, du oda ich?“ Ja, nun war aber für die Pucki ganz schnell Hängen im Schacht; denn so weit war sie ja gar nicht erst gekommen!Die Pucki durfte nämlich bereits im 3. Schuljahr rauchen, „weil sie da bereits das Alter für hatte“, und das war ein ganz,ganz seltenes Kunststück! Fünf Jahre im 3. Schuljahr waren noch immer einsamer Rekord an Puckis Bildungsanstalt, die heutzutage ja bekanntlich „Vico-Torriani-Gesamtschule“ heißt. „Wem von euch zieht denn nu nach Dunholt?“ war jetzt aber Elfies Neugier geweckt. „Dat wollte ich auch gerade…“, weiter kam Wölfi nicht; denn ein scharfes „Kusch!“ aus dem Munde seiner innigst geliebten Gemahlin brachte ihn ganz schnell zum Verstummen, doch Bolko hatte die Antwort natürlich schon längst parat: „Ja, wer zieht mit um nach Dunholt? Also, ersma ich…, dann die Korni und der Holgi, dann die Kuni und der Duni, dann,… Moment ma, die Pucki und der Schlucki, ja, und ob unser Vicky, diese superscharfe Granate, mit ihrn Ringo bei uns gut aufgehoben is, darüber schweigt des Senders Höflichkeit! – Also, ährlich, ich mein von nich, oder so!“ –„Ey, du Arsch!“ schaltete sich jetzt aber die Vicky betont liebenswürdig in die äußerst konstruktiveDebatte ein, „kannsse mich ma sagen, wat getz diesen Scheiß soll! Ich dachte ja, wir beide sind Freunde, oder so, also, ich glaub´s ja wohl nich!“ – Nach kurzem Disput einigte sich dann aber die „WG in Spree“ (oder so) auf eine Vertagung dieser quälenden Debatte und wandte sich wieder logistischen Fragen zu. „Die Umzugskosten kriegen wir ja wohl locker gestemmt“, hatte jetzt die Korni die Erleuchtung ihres Lebens, „wir brauchen doch nur dat Leergut zurückbringen! Unser Benzin bezahlen wir dann total locker vons Flaschenpfand!“ „Genau!“ bekräftigte Duni und damit war jetzt auch alles gesagt bzw. zumindest fast alles! „Aba getz gehts ersma um unsern Umzug!“ machte die Elfie klar und stellte damit zunächst mal die Weichen für das aktuellste Großprojekt, nämlich ihren Wohnort-wechsel von Güllenhusen nach Schietenbüddel! Nachdem also alles Wesentliche erstmal geklärt worden war, machte sich Bolko nun aber auf die Socken,einen passenden Umzugswagen zu organisieren, am besten natürlich einen, der mal wieder mutterseelenallein irgendwo in der Botanik herumstand und nur darauf wartete, von Bolko „adoptiert“ zu werden! Die anderen saßen in der Zwischen-zeit rund um Elfies Küchentisch und wälzten für das bevor-stehende Großprojekt logistische Probleme, wobei der großzügig ausgeschenkte „Hirntod 2000“ ihre Synapsen zum Glühen brachte.
Am Spätnachmittag klingelte es plötzlich an der Haustür.„Korni, gehsse ma?“ fragte Elfie und die Korni ließ sich nicht zweimal bitten. Die Folgen allerdings waren übelst: Vor der Tür stand kein Geringerer als Bürgermeister Güllenbrink, der in der früh einsetzenden Dämmerung die Korni mit der Hausherrin Elfie verwechselte und jenem Unglückswurm nur so aus Spaß an der Freud´ einen Kübel frisch gezapfter Hühnergülle über den Balg goss und sich dabei vor Begeisterung kaum noch wieder einkriegen konnte! Es kam, wie es kommen musste: Während Korni, von Wein-krämpfen geschüttelt, auf dem Chaiselongue in der guten Stube zusammensackte, rollte sich die Elfie unter Lachkrämpfen am Boden und begann sich erneut von oben bis unten einzustrullen, während sich im Hause ein recht penetranter Gestank ausbreitete! „Das macht überhaupt nix“, beschwichtigte der Dorfhäuptling, „ihr zieht ja sowieso um!- Außerdem wollte ich nur Bescheid sagen, dass die Teilkasko-Versicherung bezahlt hat, so dass ich mir einen neuen Trecker kaufen konnte, und den stelle ich natürlich für euern Umzug zur Verfügung, Leute! – „Schade“, und damit deutete er auf Korni, „dass diese Dame da leider eine totale Spaßbremse ist; denn bekanntlich ist Humor ja, wenn man trotzdem lacht, aber das scheint ja noch nicht zu allen durch-gedrungen zu sein! Also, wenn´s mit dem Umzug losgehen soll, einfach bei mir melden!“ – Und damit war er auch schon zur Tür hinaus, während die Elfie schon wieder mal rollig geworden war,denn das intensive Hühnergülle-Aroma wirkte auf sie wie ein hochkonzentriertes „Afrodisidosakum“ (O-Ton Wölfi). Doch bevor sie dem Bürgermeister Güllenbrink hinterherhecheln konnte, sprach Wölfi, für alle völlig überraschend, ein deutliches Machtwort und sagte: „Ich glaube, dich müssen wer erst ma trockenlegen, sonst hastet gleich wieder mitti Blase und dadrauf könn wer aber saugut verzichten! Oder hasse wieder Sehnsucht nach den Dr. Stümper?“ „Geh mich bloß weg mit den Dr. Stümper!“ krakeelte die Elfie. „Bei den wär ich ja fast elendig ersoffen! Aba geholfen hatter mich, dat kamma nich anners sagen!“ Und während Elfie erstmal in der Badestube verschwand, um sich eine belebende Dusche zu gönnen, kehrte zur selben Zeit die Korni in den Kreis ihrer Lieben zurück, aber die verzogen jetzt nur angewidert die Mundwinkel oder kämpften bereits heldenmütig mit dem Brechreiz; denn nicht jeder war ja „sonnen Schnüffel-Junkie“ wie die Elfie! „Nimma am besten ersma en Vollbad, dat du diesem furchtbarn Gestank loswirst, da roll´n sich einen ja schon die Fußnägel auf!“ entpuppte sich ihr Schatz Holgi plötzlich und unerwartet als Alltagsphilosoph und stieß damit in dieser geselligen Runde auf breiteste Zustimmung! „Genau!“ brachte es, stellvertretend für alle, der Vor- und (vor allem) Nachdenker Duni voll auf den Punkt und damit war eigentlich auch schon fast alles gesagt! Als die Elfie aprilfrisch die Badestube verlassen hatte, konnte dann auch die Korni Wasser und Seife an ihr ein wohltätiges Werk verrichten lassen, indem sie also tatsächlich völlig unvorhersehbar das alljährliche Neujahrs-Duschen auf einen ganz normalen Werktag vorzog. Während hinterher die Elfie und die Korni frühlingsfrisch durch das Haus stolzierten, befand sich Kornis kurzzeitige Lagerstatt unmittelbar nach dieser skandalösen Gülle-Attacke, nämlich Elfies Chaiselongue aus uraltem Familienbesitz, in einem desolaten Zustand; denn in atemberaubender Intensität tropfte noch immer Güllenbrinks Flüssiggold unaufhaltsam zu Boden, so dass die versammelten Gäste ganz, ganz schwer um Fassung, noch mehr aber um Luft rangen! „Wisster wat, wir schmeißen dat olle Scheißding ma vor de Haustür, da kannet dann in Ruhe weiterstinken!“ zeigte sich Bolko wildentschlossen und Dunis „Genau!“ bestätigte ihm, dass diese Strategie wohl goldrichtig war. Das Ende vom Lied: Mit vereinten Kräften versuchten also Bolko, Holgi, Ringo und Gonzo dieses in Ehren ergraute Sitz- und Schlummermöbel nach draußen zu bugsieren,doch Elfies entschlossene Sitzblockade auf dem Antikmöbel wie auch die bedrohlichen Erstickungsanfälle der vier Möbelpacker während ihrer schweißtreibenden Arbeit machten den beabsichtigen Freiluft-Transfer recht bald zu einem Ding der Unmöglichkeit, und so blieb „dat alte Scheißding“ zunächst mal in der guten Stube stehen. Damit war allerdings noch keineswegs entschieden, ob es auch den Umzug nach Schietenbüddel mitmachen durfte, und man konnte gespannt sein, wer sich in dieser ach so bedeutsamen Frage dann wohl endgültig durchsetzen würde. Denn ob die versammelten Umzugshelfer unter dem Eindruck des verheeren-den Gülle-Smogs bis zum bitteren Ende ihrer Arbeit nachkommen konnten, ja, das stand noch in den Sternen, auch wenn Elfie da ganz optimistisch war! – Und während in Güllenhusen wieder mal der Wahnsinn tobte, gab es zur selben Zeit höchst Erfreuliches von der Pflegefront in Büttgenholmersiel zu berichten! Ja, dank Odas musikalischem Samaritertum begann Okko Wubke nun innerhalb kürzester Zeit durchzugrünen wie schon lange nicht mehr, und so nahm es überhaupt nicht wunder, dass er wohl nicht ganz uneigen- nützig danach trachtete, diese Virtuosin, die sein hartes Wundbett durch ihre Zauberklänge weichgespült hatte, für jetzt und allezeit vertraglich an sich zu binden, und sei es auch nur um den hohen Preis einer Vermählung, eine Vorstellung, die dem eingefleischten Junggesellen Okko Wubke vor gar nicht allzu langer Zeit noch den Angstschweiß auf die Stirn getrieben hätte. Selbstverständlich hatte er die Zeit seiner Rekonvaleszenz strategisch genutzt, indem er seine vielfältigen, zuletzt jedoch partiell entschlummerten Kontakte äußerst zielgerichtet wieder-belebt hatte, um das real existierende Ehehindernis in Person des praktizierenden Analbleechers Sunny Sunrise weitgehend geräuschlos,aber wirkungsvoll beiseite zu räumen,genauer gesagt, nachhaltig zu entsorgen! Dass sich dort im idyllischen Münster irgendetwas über ihm zusammenbraute, wurde dem recht blauäugigen Studiobesitzer erst klar, als ihn die böse Kunde erreichte, dass Monsignore Stramm ganz plötzlich in seinen berühmt-berüchtigten Buß- und Fastenpredigten volle Breitseiten abfeuerte gegen die zunehmende Verluderung von Anstand, Moral und guten Sitten und dabei nun vor allem jene Teufelsjünger geißelte, die unter Berufung auf die angeblichen Zwänge einer globalisierten Welt völlig unbedarften Zeitgenossen „wer-weiß-was“ polierten und sich mit derartigen Sauereien eine goldene Nase verdienten. Die binnen kurzem anschwellende Pogromstimmung gegen den Jungunter-nehmer Galomir Kümmelkack bescherte immerhin der Münsteraner Glaser-Innung über Wochen hinweg eine nie gekannte Auftragslage; denn unabhängig von der Tageszeit kam seit neuestem – haste nich gesehn – regelmäßig irgendein Backstein von irgendwoher herein-geflogen, und so herrschte in Sunnys Studio wie auch in seinen angrenzenden Privatgemächern praktisch ununterbrochen lebens-gefährlicher Durchzug, was für die total verunsicherte Kund-schaft nicht nur mit beträchtlichen Gesundheitsrisiken, sondern eben auch mit enormen Defiziten in Sachen Diskretion verbunden war, und das in einem derart sensiblen Bereich! Kein Wunder also, dass die Neigung,Sunnys Studio zu besuchen, bereits nach kürzester Zeit mächtig abgeflaut war, und da Sunnys Schönheits-tempel seine Existenz allein ansehnlichen Krediten diverser Geldinstitute verdankte,war es Okko Wubke ein Leichtes, aufgrund seiner ausgeprägten Kontakte dafür zu sorgen, dass die Banken dem Unternehmer Kümmelkack die notleidenden Kredite kündigten und ihm somit nachhaltig den Geldhahn zudrehten. Ja, und dann schlug erwartungsgemäß Odas große Stunde:Bestens informiert über die desolate Finanzlage ihres Noch-Gatten ermächtigte sie nun ihren einschlägig bekannten Advokaten Winkel, bei Herrn Sunny Sunrise alias Galomir Kümmelkack einen Trennungsunterhalt einzufordern, der ihm nur noch einen Selbstbehalt im Gegenwert jenes Kälberstricks beließ, mit dem er sich ihren Vorstellungen gemäß ganz spontan an der erstbesten Kanalbrücke aufhängen konnte. Doch im Gegensatz zu Odas längst verblichenem Ehemann Nummer zwei, dem unglücklichen mexikanischen Karussellbremser El Blindo, favorisierte Sunny die große dramatische Attitüde und so erstürmte er während Monsignore Stramms allerneuester Buß- und Fastenpredigt mit gezücktem Revolver die Kanzel der rappelvollen St.Halloween-Kathedrale, um sich nach einem Warnschuss in die Kuppeldecke vor aller Augen selbst zu entleiben! Blöd nur,dass weder der Krawallprediger Stramm noch die versammelte Gemeinde von ihm Notiz nehmen wollte, so dass nun der Desperado Kümmel-kack in seiner Verzweiflung, vielleicht auch aufgrund seines übergroßen Lampenfiebers, dreimal glatt am einschussbereiten Schädel vorbeifeuerte, was die versammelten Glaubensbrüder und –schwestern im Herrn mit `nem gellenden Pfeifkonzert quittierten, und das sicherlich nicht ganz zu Unrecht! Denn einen derartigen Dilettantismus hatte man dort wohl selten erlebt und folglich war dem Sunny absolut klar, dass er sich an diesem heiligen Ort bis in alle Ewigkeit nicht mehr blicken zu lassen brauchte! Und so bestieg Sunny sein feuerrotes Trabi Cabrio, das einzige Fahrzeug, das von seinem ansehnlichen Fuhrpark übriggeblieben war, ließ in zügiger Fahrt die Mauern der Stadt Münster zutiefst erleichtert hinter sich und steuerte zielstrebig den stark ausgelasteten Autofriedhof Angelmodde an, wo er sich und sein Gefährt der stark frequentierten Schrottpresse anvertraute, die ihren Knochenjob bekannt leistungsstark, gewissenhaft sowie absolut diskret erledigte und allein schon aufgrund dieser Primärtugenden im deutschlandweiten Qualitätsvergleich einen zertifizierten Spitzenplatz belegte. Das Ende vom traurigen Lied: Oda wurde nach Abschluss der offiziellen Ermittlungen per Nachnahme ein höchst origineller Kubus aus Blech und Rennpappe zugestellt, der nach Angaben der ermittelnden Staatsanwaltschaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihren höchst unglücklichen Gatten barg und dergestalt als Galomir-Kümmelkack-Mausoleum fungierte. Für die nur mäßig trauernde Witwe war aber trotz allem Pietät absolut kein Fremdwort und so ließ sie besagten Kubus dann von einem hochbegabten Kunsthandwerker zu einer dekorativen Fernsehleuchte umgestalten, die fortan in ihrem Chalet mitten im Watt regelmäßig bewundernde Blicke auf sich zog. Zugleich aber war nun schneller als erwartet der Weg frei für Odas Vermählung mit ihrem heftig bembernden Kavalier Okko Wubke Brunzlinger, der es jetzt kaum noch erwarten konnte, sich endlich diesem Prachtweib hinzuschenken! Und während der Bräutigam in aller Herrgottsfrühe bei Ebbe mutig das Watt durch-watete, um jetzt auf dem nächsten Standesamt in Schmöttkerings-groden das Aufgebot zu bestellen, begab sich die Oda direktemang per Bahn in die schöne Stadt Münster, um zusammen mit der unvermeidlichen Siv Phillis den Haushalt des Verblichenen zu sichten und aufzulösen. Das Mobiliar überließ sie generös Sunnys langjähriger Mitarbeiterin, soweit nicht irgendwelche Hanseln zwischenzeitlich auf den Nachlass einen Titel angemeldet hatten; Oda selbst aber war einzig und allein an größeren Summen Bargeld interessiert, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, bei dem so plötzlich Hingeschiedenen etwas aufzuspüren, nur relativ gering war! Doch so leicht ließ sich die Oda nicht entmutigen, und nachdem sie nun in mühseliger Kleinarbeit sämtliche Wand- und Deckenverkleidungen in Sunnys Maisonette komplett entfernt hatte, stieß sie kurz darauf auf Galomirs ansehnlichen Gold-schatz, den ihr früh Verflossener dem Fiskus wohl absichtlich vorenthalten hatte, aber das musste die Oda ja nicht weiter interessieren! In weiser Voraussicht hatte sie zum Glück zwei riesengroße Reisetaschen mitgebracht und verstaute nun mit geschickten Fingern den neugewonnenen Reichtum darin, während die Siv Phillis in ohnmächtiger Wut jetzt die Inneneinrichtung zu demolieren begann. „Scheiße, wenn man doof ist!“ murmelte Oda angesichts dieses Amoklaufs und wandte sich schon zum Gehen, als Sunnys traurige Perle auf sie zutrat und leise um eine milde Gabe aus dem Goldschatz bettelte. „Tut mir leid!“ zuckte Oda bedauernd die Achseln. „Die Kohle ist bereits verplant, ich heirate nämlich in baldiger Bälde!“ -„Na, da kommt dir ja Sunnys Unfall mehr als gelegen!“ pampte die Siv Phillis zornbebend drauflos, und damit hatte sie bei der Oda endgültig verschissen, so dass sie noch von Glück sagen konnte, dass diese ihr nun wenigstens noch Sunnys Polierbesteck überließ, quasi als ersten Schritt zur heißersehnten Existenzgründung in den viel zu großen Schuhen von Sunny Sunrise. Und so beschloss die Oda, beladen wie ein Goldesel, die Heimreise per Taxi anzutreten, und der kraft-strotzende Schwerathlet, der ihr kurz darauf die beiden voll-beladenen Reisetaschen hinunterschleppte, kam ihr wie ein Geschenk des Himmels vor. „Wat hamse denn bloß inne Taschen drin?“ wollte er, heftigst keuchend, auf dem Treppenabsatz von ihr wissen, doch Odas dürre Reaktion „Rechnungen!“ konnte ihn dann doch nicht so recht überzeugen. Und als die Siv Phillis zum Abschied von oben herunterbölkte: „Arschloch!“, konterte die Oda eiskalt: „Angenehm, Oda!“ und bestieg fröhlich pfeifend das Taxi, das sie in ihre neue Heimat Büttgenholmersiel bringen sollte. Dem Okko Wubke aber würde sie von ihrem Goldschatz natürlich nichts erzählen; denn sie wollte ja sichergehen, dass er sie nicht wegen ihres Geldes heiratete.Stattdessen würde sie die Goldbarren bei Nacht und Nebel tief im Watt vergraben, und zwar so, dass keine Menschenseele sie jemals würde aufspüren können, abgesehen von einer wichtigen Ausnahme: Oda selbst!-
Okko W. Brunzlinger hatte sich in der Zwischenzeit nach höchst beschwerlichem Fußmarsch durch das Butjadinger Wattenmeer zur Gemeindeverwaltung Schmöttkeringsgroden durchgeschlagen, um dort das Aufgebot zu bestellen.Leider aber fand er den diensthabenden Standesbeamten Onno Ole Kruidensen sen. nur strumpeldun in seinem Amtszimmer vor, so dass dieser seinem hehren Ansinnen in keiner Weise zugänglich war, sondern ihn mit schwerer Zunge auf einen späteren Zeitpunkt verwies. Okko Wubkes zweiter Versuch entpuppte sich dann sogar als gewaltiger Rohrkrepierer;denn als er im angrenzenden Nebenzimmer die Referendarin Umma Feemke Dethlefsen mit seinem Anliegen behelligen wollte,befand sich das bildhübsche Wicht gerade in einer höchst intensiven Dienst-besprechung mit dem Bürgermeister Holm Gretenpriem und ließ sich von ihm auf dem ausladenden Schreibtisch gerade mal so richtig durchbügeln! ,Nun ja, wat de Minske bruuk, dat mutt he hebben!‘ sinnierte Okko Wubke, hockte sich nun einfach still in die Ecke und verfolgte aufgeschlossen deren engagierte Darbietung, bis die beiden alsbald in einem mächtigen Furioso auf die Ziel-gerade einbogen und dann schließlich mit brünftigem Schrei die Zimmertüren erbeben ließen. „Ooh, danke, Chef!“ strahlte die Umma Feemke wenig später, während sie sich mit flinken Fingern den Schlüpfer hochzog. Holm Gretenpriem klatschte ihr dabei anerkennend auf den prächtigen Hintern und lächelte dann viel-sagend: „Keine Ursache, es war mir ein Vergnügen!“ Okko Wubke wurde nun aber schlagartig bewusst, dass der Bürgermeister ja eigentlich gelernter Klempner war, und so war es natürlich auch kein Wunder, wie fachmännisch der´n Rohr verlegen konnte!
Im nächsten Moment jedoch geriet die süße Umma Feemke in beträchtliche Panik; denn sie hatte plötzlich den ungebetenen Besucher entdeckt, der noch immer mit leuchtenden Kinderaugen und Schaum vorm Mund in der Ecke saß und insgeheim wohl noch auf eine Zugabe hoffte. In ihrer Verlegenheit lief Umma Feemke nicht nur tomatenrot an, nein, wildentschlossen zur Schadensbegrenzung ergriff sie mit beiden Händen Gretenpriems üppige „Sahneteile“ und stopfte sie ihm kommentarlos in seine Boxershorts zurück, was ihr Dienstvorgesetzter mit Verwunderung registrierte! -„Bravo! Bravo! Sie waren beide ganz große Klasse!“ brach es nun aus Okko Wubke heraus und es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er das auch ganz ehrlich meinte. Doch Gretenpriem entpuppte sich einmal mehr als absolut „coole Sau“; während er nämlich noch sorgfältig sein Outfit optimierte, beschied er den Bürger Brunzlinger kurz und knapp: „Es steht Ihnen absolut nicht zu, Amtshandlungen der Obrigkeit zu bewerten! Also, lassen Sie das gefälligst!“ Und so war es nun an Okko Wubke, seinen runter-klappenden Kiefer neu zu justieren; denn diese Reaktion über-raschte ihn nun doch nicht wenig! „Und im Übrigen, mein werter Herr“, fuhr Holm Gretenpriem ungerührt fort, „haben Sie über alles, wovon Sie soeben unter Missachtung geltender Rechts-vorschriften Kenntnis erlangt haben, allerstrengstes Still-schweigen zu bewahren, ansonsten werde ich Sie wegen unbefugter Verbreitung von Dienstgeheimnissen zur Rechenschaft ziehen, und das wird für Sie dann keineswegs lustig werden! Ganz abgesehen davon, dass Spanner hier bei uns im Hause nichts zu suchen haben! – Sagen Sie mal, wie kommen Sie überhaupt dazu, sich hier einzuschleichen und interne Abläufe zu belauern?“ „Ich wollte hier gar nichts belauern“, erwiderte nun Okko Wubke zunehmend grantiger. „Ich hatte nur die Absicht, hier auf dem Standesamt für meine Herzensdame Oda und für mich, Okko Wubke Brunzlinger, bekanntlich Vorsitzender der Bergwacht Büttgenholmersiel, das Aufgebot zu bestellen! Ich konnte ja nicht ahnen, dass mittler-weile aus der Gemeindeverwaltung ein Puff geworden ist!“ In diesem Moment kam der alte Kruidensen in den Raum geflogen: „Chef, isch muss nach Hause, mir is soo schlecht! Ich muss irgendwas jejessen ham!“ „Ich bringe Sie“, wisperte Umma Feemke und war froh, die hochnotpeinliche Situation auf diese Weise hinter sich lassen zu können. Kurzentschlossen hakte sie Kruidensen sen. unter und, ohne das Placet des Vorgesetzten abzuwarten, schleppte sie den Alten zu seinem Auto und kippte ihn kopfüber in den Kofferraum. Dann nahm sie Platz hinter dem Volant und bretterte mit qualmenden Reifen von dannen. „Jetzt mal unter uns, mein lieber Herr Brunzlinger! Ich glaube, ich sollte mich bei Ihnen in aller Form für meine despektierlichen Äußerungen entschuldigen! Da sind mir wohl eben die Pferde ein wenig durchgegangen! Es war nicht meine Absicht, Sie hier zu beleidigen, aber ich war natürlich zutiefst geschockt, dass Sie hier Zeuge der höchst vertraulichen Begegnung mit meiner sehr geschätzten Referendarin wurden. Sie wissen ja bestimmt, dass ich gelernter Klempner bin, und wenn ich nicht wenigstens einmal am Tag ein Rohr verlegen …“ „Geschenkt, Herr Bürgermeister!“ johlte der Okko Wubke und wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. „Ich hoffe auf Ihre Diskretion und kann Ihnen versichern, dass ich einen solchen Freundschaftsdienst weiß Gott zu schätzen wüsste! Verfügen Sie über mich, ich heiße übrigens Holm!“ „Und ich bin der Okko Wubke und freue mich sehr, dass wir uns endlich mal näher kennenlernen; denn zur Jubiläums-Gala meiner Bergwacht waren Sie ja, wie ich Ihrer Absage entnehmen konnte, wegen eines anderweitigen Termins leider verhindert!“„An jenem Wochenende war ich mit Fräulein Dethlefsen auf der Messe “Rohr und Röhren“ in Dagebüll- ein Termin, der sich einfach nicht verschieben ließ! Übrigens – ich heiße immer noch Holm!“ „Lieber Holm, du musst dich jetzt nicht vor mir rechtfertigen! Das ist schon alles in Ordnung und ich finde es einfach nur toll, wie du dich um deine junge Mitarbeiterin kümmerst! Das ist ja heutzutage gar nicht mehr so selbstverständlich! – Ich suche übrigens noch für meine anstehende Hochzeit einen Trauzeugen,und wer wäre dafür wohl besser geeignet als mein alter Freund Holm Gretenpriem, oder etwa nicht?“ „Aber selbstverständlich stehe ich dir dann für diesen Freundschaftsdienst zur Verfügung, mein lieber Okko Wubke! Jetzt wollen wir aber erstmal die Formalitäten in Angriff nehmen! Eigentlich müsstest du ja zur Bestellung des Aufgebotes deine Auserwählte mitbringen,aber in diesem Falle glaube ich mal eine Ausnahme machen zu können!“ Und mit dem Hinweis „Dem Amte wohlbekannt!“war dann auch schon diese Lücke im Antragsformular geschlossen! Nach erfolgter Prozedur begaben sich die neuen Blutsbrüder in den nahen Ratskeller von Schmöttkeringsgroden und besiegelten in konstruktiver Atmosphäre ihren ewigen Freundschaftsbund. Nur sechs Stunden später musste die kurz zuvor geschlossene Männerfreundschaft auch schon ihre erste Bewährungsprobe bestehen: Okko Wubke hatte nämlich im Wettsaufen mit seinem neuen Freund Holm Gretenpriem nur den zweiten Platz belegt und war bei seinem schweren Sturz aus luftiger Höhe, sprich von seinem Hocker, derart auf die Omme geknallt, dass man schon das Schlimmste befürchten musste. Doch Brunzlinger zeigte erstaunliche Nehmerqualitäten, erhob sich schwankend und strebte dann wortlos dem Ausgang zu, um jetzt den Heimweg anzutreten. Trotz seines beträchtlichen Alkoholkonsums aber erkannte Gretenpriem sofort den Ernst der Lage und griff ohne Zögern zum Handy, um den Not- und Bereitschaftsdienst der Gemeinde Schmöttkeringsgroden zu alarmieren; denn diese hilflose Person sich selbst zu überlassen, war ja wohl ein Ding der Unmöglichkeit! Wenige Minuten später stand auch schon der Ratsdiener Henning Pogwisch mit seiner Dienst-Schubkarre in der Kneipe und wies grinsend auf den friedlich vor sich hindösenden Okko Wubke, der jetzt ja noch irgendwie nach Hause befördert werden musste. „Du weißt ja sicher, wo du mit dem hinmusst“, erklärte Gretenpriem lakonisch, „aber jetzt in der Dunkelheit solltet ihr wohl besser nicht mehr zu Fuß das Watt durchqueren! Hier haste `nen Zehner und dann nehmt ihr euch am besten ein Schlickrutscher-Taxi, das ist zu dieser Tageszeit einfach sicherer!“ – „Aye, aye, Sir!“ salutierte Pogwisch zackig und konnte dabei natürlich nicht den alten, erfahrenen Seebären verleugnen, der viele Jahre lang auf den sieben Weltmeeren zu Hause gewesen war, aber warum in Dreiteufelsnamen sollte er das auch verleugnen? Und so verfrachtete Henning Pogwisch den schwer indisponierten O.W.Brunzlinger kurz darauf ins heranbrausende Schlickrutscher-Taxi von Tjarko Harms und ließ es sich nicht nehmen, diesen Krankentransport persönlich zu begleiten! Bürgermeister Holm Gretenpriem aber beschloss währenddessen ganz spontan, sich eingehend den Sorgen und Nöten einer Wählerin zu widmen und schlüpfte sodann ohne weitere Umschweife zur drallen Trine, seiner Lieblingskellnerin im Ratskeller, unter das frisch aufgeschüttelte Federbett! – Tja, für Holm Gretenpriem war Bürgernähe weiß Gott noch nie ein Fremdwort gewesen!