Tage und Nächte mit Lydia / Leseprobe und Exposé

Exposé

 

Arbeitstitel:

Tage und Nächte mit Lydia

Zeitraum:

Der Episodenroman spielt etwa im Jahre ca. 2010

Regionalbezug:

Bremen, sowie die imaginäre Urlaubsinsel ‚Paddinggartener Altendeich‘ und ein ebenso imaginärer Ort irgendwo in der Heide.

Thema in Kurzform:

Der Protagonist und Ich-Erzähler versucht seinen ‚Großen Roman‘ zu schreiben. Er kommt allerdings nicht dazu, weil er über die Recherchen nicht hinauskommt und die ‚liebe Lydia‘, seine etwas exzentrische Ehefrau und Künstlerin, über alles liebt und ihr jeden Wunsch im Voraus zu erfüllen versucht, was manchmal desaströs zu enden droht.

Die liebe Lydia jedoch bringt nonchalant alles wieder in Ordnung.

Hintergrund:

Tage und Nächte mit Lydia ist ein Episodenroman mit heiterem Hintergrund.

 

Inhaltsangabe mit Auflösung:

Um Papier Druckerkartuschen etc. billig im Großhandel kaufen zu können, melden die Protagonisten nicht etwa nur ein Gewerbe sondern einen Konzern an, die Centaury Raumschiff Manufactur, da der latent schizophrene und deshalb vorzeitig berentete Oberstleutnant Guntram Greulich der lieben Lydia ständig waffenstarrende Raumschiffmodelle schenkt.

Die gesamte NATO wird plötzlich auf den Konzern aufmerksam, ansonsten tun sie nichts und können deshalb auch keine Fehler machen. Auf diese Weise erhalten sie bald einen sagenhaften Ruf und bekommen sogar den Ursula von der Leyen-Preis.

Sie ernennen ihren gesamten Bekanntenkreis zu irgendwelchen Direktoren, werden zu Kongressen, Besichtigungen von Laserkanonenfabriken usw. eingeladen und sollen sogar für die Firma Associated Spacecraft Nachbrenner für Raumschifftriebwerke herstellen etc.

Die liebe Lydia wimmelt nonchalant alles, ohne jedoch den guten Ruf der Centaury Raumschiff Manufactur aufs Spiel zu setzen.

Inzwischen gelingt es der lieben Lydia Karriere als Künstlerin zu machen. In einer ehemaligen Kohlenhandlung wird mit Hilfe von Falk und Oberstleutnant Guntram Greulich eine Ausstellung installiert. Greulich ist der Ansicht, dass man noch ein Paar Exponate seiner Bombensammlung dazustellen könnte. Im Stress des Aufbaus nimmt der Protagonist einen Zug aus Falks Joint und lässt sich auf eine verhängnisvolle Wette ein, die er letztendlich gewinnt. Es geht um eine funktionstüchtige Bombe aus Greulichs Sammlung. Der lässt sich nicht lumpen und die scharfe Bombe in des Protagonisten Hausflur stellen.

Inzwischen fällt ein sowjetischer Satellit in des Protagonisten Vaters Rosen. Der Vater will das scheußliche Ding sofort weghaben, und beauftragt den Protagonisten damit, den Satelliten umgehend zu entsorgen, widrigenfalls wird er ihn enterben.

Inzwischen beginnt der Abbruchunternehmer Paul von der Ramme die Kohlenhandlung abzureißen, da sich der Besitzer der Kohlenhandlung mit dem Abbruchtermin um eine Woche versehen hat. Es gelingt gerade noch der lieben Lydias Kunstwerke zu retten.

Paul von der Ramme erzählt, dass er ein Grundstück erworben hat; – jedoch mit der Auflage, einen darauf befindlichen Spitzbunker aus dem Krieg, wie auch immer, zu entfernen. Man beschließt, den Bunker mit der Bombe zu sprengen. Doch zuvor muss der Satellit entsorgt werden. Das erübrigt sich aber, denn die Herren Karambolenko und Koschedub sind mit einem Panjewägelchen erschienen um den Satelliten mal eben nach Moskau zu bringen.

Nun kann man darangehen, der Bunker mit der Bombe aus des Protagonisten Flur zu sprengen. Dieses Vorhaben gelingt allerdings nicht und die liebe Lydia macht den Vorschlag, Seminare zu veranstalten. Die ‚Prallkugel‘ an den Bunker donnern zu lassen müsste doch unheimlich befreiend auf stressgeplagte Manager wirken.

Paul von der Ramme nimmt den Vorschlag begeistert auf.

Die Protagonisten erben schließlich das Haus ihrer Eltern und lernen interessante Nachbarn kennen. Doch die gesellschaftlichen Verpflichtungen und Widerlichkeiten des Alltags steigen damit dramatisch an, was den Protagonisten fürchterlich stresst.

Die liebe Lydia ist sehr besorgt um ihn und bucht, auf einen Geheimtipp Fräulein Gerdas hin, das ‚Rundum Sorglospacket‘ auf der Urlaubsinsel Paddinggartener Altendeich. Doch zum Entsetzen der Protagonisten ist die Insel absolut ‚spaßbefreit‘. Man darf auf der ganzen Insel weder Autofahren noch Rauchen. Es gibt nur vegetarische ‚Speisen‘ und Süßigkeiten, Alkohol sogar Kaffee sind bei Strafe verboten. Strandspaziergänge sind nur mit Führer möglich, der nicht aufzutreiben ist. Zur abendlichen Unterhaltung gibt es nur Sticken oder Korbflechten, Tangotanzen z.B. ist auch verboten, da zu obszön.

Die liebe Lydia schafft es aber, dank ihrer Genialität, die Insel mit der nächsten Fähre ohne finanzielle Einbußen zu verlassen.

Wieder zuhause angekommen, will der Protagonist endlich seinen Roman schreiben. Ihm ist beim Billardspielen die Idee gekommen, dass ein explodierendes Queue den Spielenden tötet. Er recherchiert nun eifrig über Schlagzünder und Sprengstoffe, kommt aber nicht voran. Schließlich kontaktiert er Oberstleutnant Guntram Greulich. Der ist in seinem Element, baut sofort ein derartiges Queue und demonstriert auch gleich die Funktionstüchtigkeit im Garten des Protagonisten.

Durch die Explosion wird die liebe Lydia etwas besorgt um seinen Gesundheitszustand und verdonnert den Protagonisten zu einem Wochenendurlaub in einem Hotel in der Heide, um mal wieder klare Gedanken zu fassen.

Es wird garantiert nicht wieder so ein Desaster wie auf der Urlaubsinsel Paddinggartener Altendeich, obwohl der Geheimtipp wieder von Fräulein Gerda kommt – meint die liebe Lydia.

Der Protagonist fährt voller Begeisterung mit, wittert aber, auf Grund Greulichs Erzählungen, überall Sprengfallen. Er sucht alles sorgsam ab und dreht schließlich eine Schraube aus dem Fußboden, was nur den Kronleuchter im Speisesaal abstürzen lässt.

Er kommt zu folgender Erkenntnis:

Die besten Ideen schreibt das Leben.

Das Leben ist, wie von Forrest Gump gesagt, wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man bekommt.

Figurenbiografien, Hauptprotagonisten:

Protagonist und Ich-Erzähler. Er liebt die liebe Lydia über alles und versucht einen Weltbestseller zu schreiben, was ihm aber nicht gelingt, da er ständig auf der Lauer liegt um seiner lieben Lydia Liebes zu tun.

Liebe Lydia. Künstlerin und Ehefrau des Ich-Erzählers. Extravagant aber trotzdem mondän und einfallsreich. Stets ist sie es, die die verfahrene Karre wieder souverän aus dem Dreck zieht.

Oberstleutnant Guntram Greulich, ein in der Nachbarschaft der Protagonisten wohnhafter, latent schizophrener und aus diesem Grund vorzeitig berenteter Fliegerleitoffizier. Baut seit seiner Berentung waffenstarrende Raumschiffmodelle und sammelt Abwurfmunition (Bomben). Kennt sich mit Sprengstoffen gut aus.

Katrin, seine Verlobte. Sehr spießig.

Paul von der Ramme, Abbruchunternehmer. Besitzt (fast) alle Baumaschinen von der Trümmerbirne bis zum Seilbagger mit Schürfkübelausrüstung, mit denen er Geld zu verdienen sucht.

Fräulein Gerda, hat immer sonderbare Geheimtipps für seltsame Urlaube. Besitzt einen Goldfisch namens Agamemnon.

Frau Kastner. Haushaltshilfe bei den Protagonisten. Räumt grundsätzlich alles ‚ordentlich‘ weg und zieht sämtliche Stecker raus, wirft alles weg, von dem sie nicht weiß was es ist, etc., sodass ihr in ihrer Eigenschaft als ‚Haushaltshilfe‘ ständig zeitintensiv nachgearbeitet werden muss.

Der Balneologe, ein Nachbar, der stets geneigt ist, schönen Frauen ein Entspannungsbad aus therapeutisch natürlichen Heilquellen zu bereiten.

Die Frau des Balneologen. Betreut ehrenamtlich die Xylophongruppe der Waldorfschule. Die Erziehung ihrer Tochter Anne-Katrin erfolgt unter hochpädagogischen Gesichtspunkten und mit Beachtung des Harmonie von Yin und Yang sowie Vermeidung sogenannter ‘verstockte Energien‘, damit das positive Chi frei fließen kann.

Anne-Katrin die Tochter, leidet furchtbar unter den Erziehungsmethoden ihrer Mutter.

Figurenbiografien, Nebenprotagonisten:

Der Hotelmanager des spaßbefreiten Hotels auf Paddinggartener Altendeich. Achtet streng darauf, dass alles eingehalten wird, was die Anwälte ausgearbeitet haben.

Frauke, die Designerin, Beatrice, die Zudeckerin, Anita, die Abtrocknerin, Jörg, der Ernährungsberater, etc. Angestellte des spaßbefreiten Hotels auf Paddinggartener Altendeich.

Schieben alle gefrustet ihren Dienst nach Vorschrift.

Der Lagerist. Ein weiterer Gast des spaßbefreiten Hotels auf Paddinggartener Altendeich.

Steht mächtig unter der Fuchtel seiner Frau.

Falk. Ein etwas undurchsichtiger Typ, der alles mitmacht, wenn er anschließend einen Joint bauen kann.

Die Herren vom Sicherheitsdienst. Tun so, als ob sie absolut loyal wären, gehen aber den Weg des geringsten Widerstands.

Die Firma Associated Spacecraft. Glauben alles ohne oder die falschen Recherchen anzustellen.

Der Mann vom Finanzamt. Überaus dienstbeflissen – aber doch bestechlich.

Die Eltern des Protagonisten. Überaus freundlich. Besitzen ein Haus mit Garten, in dem der Vater liebevoll Rosen züchtet.

Hält seinen Sohn dauernd zu irgendwelchen Arbeiten in Haus und Hof an, widrigenfalls könnte er sich das Erbe an den Hut stecken.

Die Herren Karambolenko und Koschedub. Sollen einen abgestürzten Satelliten mal eben mit einen Panjewägelchen nach Moskau bringen.

Frau Salzer-Zuckermann. Wenn sie irgendetwas von einer neuen, interessanten Krankheit hört, bekommt sie die auch, nur schlimmer als alle Anderen. Ferner gibt sie mit ihren schicken Allergien an.

Leseprobe

Als die Kiste im Flur stand

Vor einiger Zeit, die von mir über alle Maßen geliebte Lydia und ich waren endlich soweit, dass wir unsere Wohnung mal renoviert hatten, bekamen wir Post aus Berlin. Man teilte uns mit, dass uns der Ursula von der Leyen-Preis verliehen worden war, weil wir noch nie einen Liefertermin überschritten hatten.

Wir überschritten zwar ganz gerne mal was, die normalen moralischen Grenzen zum Beispiel, aber das ist eine andere Geschichte.

Die Verleihung des Ursula von der Leyen-Preises versetzte uns trotzdem ein Wenig in Erstaunen.

Na, gut, da weder die liebe Lydia noch ich je etwas von dem Ursula von der Leyen-Preis gehört hatten, und auch noch nie was geliefert haben, wobei wir einen Termin hätten überschreiten können, baten wir einen befreundeten Anwalt, doch mal ganz vorsichtig zu recherchieren.

Es kam heraus, dass die gesamte NATO von unserer übergroßen Bescheidenheit ganz angetan war, weil wir überhaupt nicht reagiert hatten.

“Ob das was mit diesen Modellen zu tun hat, die dir dieser durchgeknallte Nachbar immer schenkt?”, fragte ich die liebe Lydia, denn seit geraumer Zeit pflegte ihr der Herr Oberstleutnant Guntram Greulich, ein in der Nachbarschaft wohnhafter, latent schizophrener und aus diesem Grund vorzeitig berenteter Fliegerleitoffizier, der ständig mit mir zu diskutieren versuchte, ob es sich in der heutigen Zeit und bei der Regierung überhaupt noch lohnen würde, einen Krieg anzufangen, extrem wilde, waffenstarrende, selbstgebaute Raumschiffmodelle zu schenken, und ihr das Versprechen abnahm, die Dinger in Ehren zu halten.

Lydia war ein wenig ratlos, aber der Ansicht, dass Modellbau eine ausgezeichnete Therapie darstellt, und er sollte man lieber Raumschiffmodelle bauen, als einen Krieg anzufangen.

Er baute wirklich, und bald standen überall Raumschiffmodelle rum, die beim Abstauben mächtig Arbeit machten. Dumm war nur, dass Oberstleutnant Greulich hin und wieder kontrollieren kam und mir permanent Gespräche über den Eurofighter aufzudrängen versuchte.

Die liebe Lydia schüttelte den Kopf und äußerte die Vermutung, dass es vielleicht wäre, weil ich die Fähigkeit besitze, trotz meiner Leibesfülle leichten Fußes über ein Flugfeld zu eilen, was ja schon einen halben Verteidigungsminister ausmacht, aber da war ich etwas skeptisch, und dann fiel uns gleichzeitig der Abend ein, als wir unsere gemeinsame Freundin Katrin wieder mal trösten mussten, weil sich ihre letzte große Liebe, die mit einem Sanitäter, nicht erfüllt hatte, obwohl sie sich extra für ihn ein neues Nachthemd gekauft hatte, Modell furioso appassionato.

Aber das ist eine andere Geschichte.

Jedenfalls, es war wie gesagt, ein Weilchen her, wir saßen wieder im ‚Dicken Engel‘, der niveauvollsten Bremer Kneipe, bei Campari für die liebe Lydia und Bier für mich, trösteten so vor uns hin, und ich machte dabei den Vorschlag, es doch mal mit einer Heiratsanzeige oder einer Dating-Line zu versuchen.

Katrin war zunächst etwas skeptisch, und ich setzte noch einen drauf: Sie sollte neben dem obligaten Bild auch gleich einen Einkommensnachweis, eine Fotokopie des KFZ-Briefes und des Bausparvertrages sowie einen AIDS-Test jüngsten Datums anfordern.

Ich orderte schnell noch ein Bier für Katrin, ein kleines, weil wir wie üblich monetär nicht so gut drauf waren, alldieweil die Preise für Druckerkartuschen, mit denen wir unseres Computers Drucker zu füttern genötigt sind, wieder mal mächtig angezogen haben. Nur so konnte ich verhindern, dass Katrin ihre Handtasche hätte ungebremst auf meinen Dichterschädel niedersausen lassen.

Katrin wurde aber ganz schnell wieder vergnügt als das Bier vor ihr stand und revanchierte sich mit dem Ratschlag, das Zeugs doch im Großhandel zu kaufen.

Jetzt spielte ich den Beleidigten und wollte einen ausgegeben haben, weil ja jeder weiß, dass man da nicht so einfach hingehen kann, man muss schon irgendwas angemeldet haben, eine Ehevermittlung oder so, und da bekam die liebe Lydia, die klügste aller Frauen, gleich ein recht nachdenkliches Gesicht und orderte sich einen Campari, was stets ein Indiz dafür ist, dass sie wieder mal eine brillante Idee herauszuhieven beabsichtigte.

„Wenn wir”, sagte sie, „irgendetwas anmelden, haben wir einen Laden und sind berechtigt, im Großhandel Büromaterial einzukaufen, ganz einfach!”

„Was wollt ihr denn dann verkaufen?”, fragte Katrin.

„Nichts”, antwortete ich.

„Wollt ihr denn was herstellen, oder eine Kneipe aufmachen?”, bohrte Katrin weiter.

„Nö, Kneipen gibt’s doch genug, außerdem ist das viel zu stressig, dann Taxifahren und nebenbei noch einen Weltbestseller schreiben? Na, hör mal!“

„Aber warum wollt ihr denn dann noch nebenbei ein Gewerbe anmelden?”

„Von wegen Gewerbe, wer sind wir denn? Wir melden einen Konzern an, wenn schon, denn schon! Ab sofort stellen wir Raumschiffe her!”

„Phantastisch, wie schnell du manchmal begreifst”, lächelte Lydia und nippte an ihrem Glas.

„Ach, ihr sprecht von den Raumschiffen, die der Bekloppte immer baut”, sagte Katrin und machte sich wieder über ihr Bier her.

Wir ließen Katrin in dem Glauben und am nächsten Tag vom Gewerbeamt, die Centaury Raumschiff Manufactur eintragen. Das ging glatt durch, und von dort aus fuhren wir direkt zum Hölbig Centrum, die Berechtigungskarte zum Einkauf ausschreiben lassen. Der Chef guckte zwar ein wenig argwöhnisch, weil der gesamte Konzernvorstand der Centaury Raumschiff Manufactur persönlich erschienen war und für siebenunddreißig achtzig Papier und Kugelschreiberminen kaufte, aber das machte uns nichts.

Ich klebte mit Tesafilm kleine Zettelchen mit der Aufschrift ‘Centaury Raumschiff Manufactur‘ an Briefkasten und Klingel und dachte das war’s, was sich als typischer Fall von ‚Denkste‘ herausstellte.

Sodann arbeitete ich an meinem zukünftigen Weltbestseller und Lydia war eine gute Muse und noch bessere Geliebte, aber das ist eine andere Geschichte.

Bald darauf wurde es ein ganz klein wenig turbulent, denn Oberstleutnant Guntram Greulich brachte uns das Modell eines waffenstarrenden, schweren Raumkreuzers, stellte es mir auf den Schreibtisch und erwartete Begeisterung.

Katrin kam auch mal wieder vorbei und erzählte, dass sie durch die Anzeige einen echten Grafen kennengelernt hatte.

Falk, ich hatte ihn mal auf einer Lyrischen Lesung kennengelernt, kam uns besuchen und wollte sich mal in Ruhe ‘einen bauen’, weil ihn seine Freundin dazu verdonnert hatte, seine Bude endlich mal aufzuräumen, und er sollte sich auch mal eine Tischdecke zulegen.

Ich sah keinen rechten Zusammenhang und die liebe Lydia kochte für alle Tee und erzählte von unserem Konzern.

Oberstleutnant Guntram Greulich war ganz begeistert und wir ernannten ihn zum Direktor für Design, worauf Falk über Design oder nicht sein zu philosophieren begann.

Oberstleutnant Guntram Greulich versprach, gleich das nächste Modell in Angriff zu nehmen. Es sollte Tiger Wasp heißen, weil die Centaury Raumschiff Manufactur ihren Produkten eine gelb-schwarze Camouflage verabreichte. Als Direktor für Design müsse er das schließlich wissen.

Das ging in Ordnung und ich nebst Computer ins Schlafzimmer, weil Katrin auch gleich einen Direktionsposten haben wollte, alldiweil sie uns schließlich auf den Bolzen gebracht hatte, und das nun in epischer Breite auszudiskutieren suchte, wobei sie immer wieder ihren Grafen erwähnte. Sie wollte natürlich auch was für ihren Posten im Management tun, eine Aufgabe, die sie als Frau so richtig ausfüllen würde.

„Naja”, sagte ich, „das kriegen wir hin, aber heute wollten wir nochmal in den Dicken Engel gehen und mal wieder einen trinken, auf die Centaury Raumschiff Manufactur.“

Das taten wir auch, Susanna zapfte uns liebevoll das eine oder andere Bier, und wir wollten uns das alles nochmal überlegen, und das war’s dann mit der Centaury Raumschiff Manufactur – dachten wir.

So nach fünf, sechs Wochen, Katrin schaute bei mir rein, erzählte lang und breit von ihrem Grafen. Die liebe Lydia war auf dem Markt, Kohlrabi einkaufen, ich saß im Bett und arbeitete verbissen an meinem Weitbestseller, weil ich noch nicht dazu gekommen war, den Computer wieder aus dem Schlafzimmer herauszubringen, weil es der lieben Lydia so leichter und mir überaus gut gefiel, nicht nur küssenderweise die Muse zu spielen, klingelte es, und ich ging arglos öffnen.

Auf dem Flur vor unserer Wohnung standen zwei grimmig dreinblickende, schwerbewaffnete Kerle und noch zwei ähnliche Typen, die eine Kiste mit hatten.

„Sicherheitsdienst”, murmelte einer der Kerle, „ist hier das Hauptbüro der Centaury Raumschiff Manufactur?”

„Ja”, sagte ich arglos, „was kann ich für Sie tun?”

„Dürfen wir hereinkommen?”, fragte der eine Herr Sicherheitsdienst, „ich glaube, hier auf dem Flur sind wir nicht abhörsicher.”

„Ja, sicher, kommen sie ruhig rein. Möchten Sie einen Kaffee? Die Kiste können Sie ja auf den Flur stellen, aber bitte so, dass niemand drüber fällt.”

Ich kochte Kaffee, Katrin ergriff die Flucht vor den waffenstarrenden Männern und die Träger asteten die Kiste in den Flur, lümmelten sich auf der lieben Lydias Recamier und erzählten mir, dass die Treppe verdammt eng sei und sie deshalb arge Schwierigkeiten gehabt hatten, den schweren Transportbehälter hochzuasten.

Ich bedauerte die Herren, verteilte Kaffeetassen und war etwas irritiert, als die beiden bewaffneten Kerle kurze Blicke in jedes Zimmer warfen. Schließlich setzten sie sich auch und einer murmelte: „Perfekt!”

„Wieso?”, fragte ich, „Sie haben doch noch gar nichts getrunken.”

„Ich meine nicht den Kaffee, ich meine Ihre Tarnung! Es sieht hier aus wie in einem Künstlerhaushalt. Niemand wird vermuten, dass hier Raumschiffe konstruiert werden!”

Sein Blick blieb an dem Raumschiffmodell auf dem Nachttisch hängen.

„Mein Gott”, sagte er, „bauen Sie wirklich son Ding?”

„Es steht zur Diskussion”, sagte ich vorsichtig, und dann kam Lydia, die sanfteste aller Frauen ins Zimmer gestürmt, schwenkte ihr Einkaufsnetz mit Kohlrabi, und wollte augenblicklich wissen, welcher dumme, ganz dumme, hirnverbrannte Vollidiot die saublöde Kiste so in den Flur gestellt hätte, dass jeder normale Mensch sofort darüber fällt, und was die da überhaupt zu suchen hätte, und was da eigentlich drin wäre, und sie schmiss den Herren Sicherheitsdienst den Kohlrabi auf den Schoß, gab mir einen Kuss und die Herren Sicherheitsdienst murmelten: „Perfekt.”

Schließlich räusperte sich jemand, wir lösten uns voneinander, und einer der Kerle wollte den Empfang der Kiste quittiert haben.

„Die Waschmaschine müsste gleich fertig sein”, sagte die liebe Lydia, „hilfst du mir, die Wäsche aufhängen?”

„Aber gerne, mein Schätzelchen.”

„Perfekt”, murmelte Herr Sicherheitsdienst, „aber bitte unterschreiben Sie mir doch schnell den Erhalt des Behälters.”

„Ich weiß doch gar nicht, was da drin ist.”

„Die geheimen Ausschreibungsunterlagen für das neue Raumschiff, wussten Sie das etwa nicht?”

„Die Sache ist doch geheim, nicht wahr?”, fragte die liebe Lydia.

„Sogar streng geheim”, sagte Herr Sicherheitsdienst.

„Dann durften wir das ja gar nicht wissen”, folgerte die liebe Lydia. Die Kerle gaben ihr Recht und murmelten: „Perfekt”

„Tja”, fuhr die liebe Lydia fort und blickte auf unseren mit Manuskripten überladenen Tisch, „vom Timing her kommt uns die Ausschreibung etwas ungelegen, wir haben momentan keine Fertigungskapazitäten für Raumschiffe frei.”

„Was?”, die Herren Sicherheitsdienst machten große Augen, „sind Sie so gut ausgelastet?”

„Wenn wir auch nur eine einzige Kleinserie Raumschiffe zusätzlich zu unseren momentanen Aktivitäten auflegen würden, müssten wir eine komplett neue Fertigungsanlage errichten”, sagte die liebe Lydia mit wichtigem Gesicht, „aber dazu haben wir im Moment kein Kapital frei.”

„Lassen Sie sich das doch von Berlin oder Brüssel finanzieren, die subventionieren doch jeden Mist. Hauptsache, es werden Arbeitsplätze erhalten.”

„Seit Bestehen der Centaury Raumschiff Manufactur haben wir noch nicht eine Entlassung vorgenommen”, fuhr die liebe Lydia fort, „das genügt doch wohl, oder? Außerdem haben wir noch nie Geld aus Berlin angefordert, und dabei soll es auch bleiben! – Möchten die Herren noch einen Kaffee?”

Die Herren hatten aber keine Zeit mehr, weil sie noch einen Satz Ausschreibungsunterlagen zu ERNO bringen mussten, bevor die Feierabend machen würden, aber wir sollten doch so nett sein, den Transportbehälter stehen zu lassen, sie würden ihn dann gelegentlich abholen; – wenn wir uns schon nicht an der Ausschreibung beteiligen wollten. Der Herr Sicherheitsdienst betonte den letzten Satz und stieß mich dabei augenzwinkernd an, die liebe Lydia musste wohl ein geheimes Stichwort getroffen haben, jedenfalls murmelten die Kerle ständig „Perfekt!”, zogen ihre Waffen, öffneten vorsichtig die Haustür, warfen prüfende Blicke auf den Flur, ließen uns alleine und mich an den Computer.

Kurze Zeit später kam Katrin erneut zu Besuch und wunderte sich über die Kiste im Flur.

Noch etwas später, wir waren gerade beim Abendbrot, das Katrin stets gerne und voller Begeisterung bei uns absolvierte, rappelte das Telefon.

„Geh’ doch mal ran”, sagte die liebe Lydia zu mir, aber Katrin kam dieser Aufforderung nach, sagte „Hallo”, und: „ja natürlich”, und legte wieder auf.

„Komisch”, meinte Katrin, als sie sich wieder an den Tisch setzte, „da war einer dran, der behauptete, vom Sicherheitsdienst zu sein. Er hat aber nur gefragt, ob die Kiste noch da sei.”

Katrin biss von ihrem Käsebrot ab, „und dann hat er noch ‘perfekt’ gemurmelt, und wieder aufgelegt. Versteht ihr das?”

Die liebe Lydia nickte: „Also, du weißt ja: Wir haben diesen Konzern angemeldet, damit wir im Großhandel billiger einkaufen können, aber das ist auch schon alles! Wir dürfen in keiner und keinster Weise mit irgendwelchen Gesetzen in Konflikt geraten! Hast du das verstanden?”

Katrin nickte mit wichtigem Gesicht und die liebe Lydia ernannte sie daraufhin zum Direktor für Öffentlichkeitsarbeit, weil sie soeben ein positives Gespräch mit dem Sicherheitsdienst geführt hatte.

Nach dem Abendessen kam Oberstleutnant Guntram Greulich entlang und brachte ein neues Raumschiffmodell sowie ein Computerspiel, bei dem man möglichst viele feindliche Raumschiffe vernichten muss, mit. Das Spiel musste natürlich sofort installiert und ausprobiert werden, nachdem ich meinen Computer wieder in mein Arbeitszimmer gebracht hatte.

Als die liebe Lydia mir weit nach Mitternacht nahelegte, doch gelegentlich mal zu ihr ins Bett zu kommen, hatte Oberstleutnant Guntram Greulich doppelt so viel Raumschiffe vernichtet wie ich, und ging mit Katrin auf ein Direktionsgespräch noch irgendwo hin, nachdem ich ihn auch zum Direktor für Feindabwehr befördert hatte.

Am nächsten Tag gingen vier dicke Briefe ein, die Kerle vom Sicherheitsdienst schickten uns unabhängig voneinander ihre Bewerbungen, verwiesen auf ihre Erfahrungen, sowie auf ihre Loyalität zum Arbeitgeber und waren bereit und guten Willens in unsere Dienste zu treten, schon alleine wegen des angenehmen Betriebsklimas.

Ich bedauerte außerordentlich als ich die Bewerbungen zu unserer Entlastung zurückschickte und versprach, auf sie zurückzukommen, sollte die Centaury Raumschiff Manufactur Sicherheitspersonal benötigen.

Dann passierte mal wieder eine Weile nichts, die Kiste mit der Aufschrift STRENG GEHEIM stand auf dem Flur rum, die liebe Lydia legte schließlich ein geschmackvoll behäkeltes Kissen, Erbstück einer seligen Tante dritten Grades drauf, wir benutzten die Kiste als Telefonbänkchen, gewöhnten uns dran und ich arbeitete weiterhin an meinem potentiellen Weltbestseller und Oberstleutnant Guntram Greulich stellte mir wieder ein Raumschlffmodell auf den Schreibtisch.

Hin und wieder rief mal jemand an und fragte, ob die Kiste noch da sei. Wir antworteten jedes Mal, dass sie noch da sei und wir sie auch nicht geöffnet hatten.

Die Antwort bestand immer aus einem Lacher und dem Wort: ‘Perfekt!’.

Als dann wieder lange genug nichts passiert war, rief uns ein belgischer Laserkanonenhersteller an und fragte, ob wir uns schon für eine bestimmte Laserkanone entschieden hätten.

Ich antwortete, dass wir uns überhaupt noch nicht entschieden hätten.

Der Laserkanonenmensch freute sich unheimlich und fragte, wie viele Führungskräfte denn so in der Centaury Raumschiff Manufactur tätig wären.

Ich erwähnte Oberstleutnant Greulich, die liebe Katrin und Falk, der gerade bei uns rumsaß, um endlich mal in Ruhe einen zu bauen und mit mir das eine oder andere Bier zu verkosten, sowie die liebe Lydia und mich.

Der Laserkanonenmensch war etwas erstaunt über den hohen Prozentsatz an Frauen bei uns, und wir plauderten eine Weile ganz locker über die Quotenregelung.

Zwei Tage später erhielten wir wieder Post, ein Brief mit fünf Flugtickets nach Brüssel, first class natürlich, und der freundlichen Einladung, doch mal völlig unverbindlich eine Laserkanonenfabrik zu besichtigen, für Unterbringung und so sei gesorgt, und sie würden sich freuen uns als Gäste, – naja, das Übliche.

Da wir noch nie in Brüssel gewesen waren, flogen wir natürlich alle hin.

Katrin und Oberstleutnant Guntram Greulich sahen sich die Stadt an und nach den günstigsten Bezugsquellen für Brüsseler Spitzen um. Falk blieb im Hotel um endlich mal in Ruhe einen zu bauen. Lydia, die friedfertigste aller Frauen und ich besichtigten die Laserkanonenfabrik, wobei die liebe Lydia den nötigen Ernst vermissen ließ, weil sie ihren Organzahut aufbehielt.

Wir schritten an diversen Laserkanonen vorbei und die liebe Lydia zeigte offensichtliches Desinteresse als ständig kleine Vorträge über Reichweite und Bedienfreundlichkeit der Laserkanonen auf sie einprasselten.

Abends nahmen wir noch einen kleinen Umtrunk, Falk, den wir kurzfristig und ein wenig überstürzt zum Direktor für innere Sicherheit ernannt hatten, prüfte mit Oberstleutnant Greulich und mir diverse belgische Biersorten, baute sich dann in Ruhe einen Joint und versprach den Laserkanonenmenschen, ihnen beiläufig mal ein Schächtelchen Bremer Bier vorbeizuschicken, und überhaupt sollten die Herren, wenn sie gelegentlich mal in der Gegend weilen sollten, mal kurz in Bremen im Dicken Engel reinschauen. Bei Susanna kommen einem immer die besten Ideen, ein wahrhaft seltsamer Effekt.

Es war nicht so einfach, nichts zu unterschreiben, und die Herren Laserkanonenhersteller bedauerten außerordentlich, dass der Rest des Konzernvorstands leider verhindert war.

Der nächste Tag wurde etwas anstrengender, denn einige Herren von der Firma Associated Spacecraft erschienen und begannen sofort zu fachsimpeln, zum Beispiel über Hitzestaus in der vorderen Bugsektion.

„Wir haben damit überhaupt keine Probleme, noch nie gehabt”, meinte die liebe Lydia mit zauberhaftem Lächeln. Und dann traten bei ihrem neuen Modell noch Vibrationen in den Halterungen der Laserkanonen bei Dauerfeuer auf.

„Wir haben einen derartigen Mist noch nie konstruiert!”, sagte Lydia.

Tja, und dann waren da noch die Gierbewegungen beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, die zum Verziehen der gesamten Rumpfstruktur führen konnte.

„Wir haben überhaupt keine Last mit derartigem Kinderkram”, lächelte die liebe Lydia und lehnte sich malerisch an einen Flächenlaser mit ungeheurer Zerstörungskraft, „wir haben es nicht mal nötig, deswegen Windkanalversuche zu machen.”

Ich begann Heimweh zu kriegen, nach Bremen und nach einem liebevoll gezapften Bier im Dicken Engel, bei dem mir immer so gute Gedanken kamen.

„Allerdings”, räumte ich anstandshalber ein, „ist es uns noch nicht gelungen, mit unseren Modellen die Lichtgeschwindigkeit problemlos zu überschreiten, wegen des Thomas de Maizière-Effektes, Sie wissen ja! Macht Ihnen der Thomas de Maizière-Effekt auch zu schaffen?”

Die Associated Spacecraft-Leute machten alle ernste Gesichter und gaben zu, dass sie mit dem Thomas de Maizière-Effekt arg zu kämpfen hätten, und dann lenkten sie schnell ab und kamen erneut auf die Laserkanonen zurück und auf die Probleme mit den Halterungen.

Daraufhin bekamen die Associated Spacecraft-Leute belgisches Bier und Lydia und ich je ein Modell einer Laserkanone mit hektisch blinkendem Lämpchen und einer kleinen Spieluhr, die ‘üb’ immer Treu’ und Redlichkeit’ spielte, wenn man die Kanone aufklappte.

Wir wurden etwas frostig verabschiedet, Oberstleutnant Guntram Greulich und Katrin zeigten uns das Atomium, sie kaufte noch ein paar Brüsseler Spitzen, für wenn die Raumschiffe doch mal gebaut werden würden, und sie wollte die Gardinen für die Cockpitfenster nähen.

Noch wochenlang später bekamen wir Prospektmaterial von belgischen Laserkanonen, und ich beeindruckte meinen Boss vom Taxiunternehmen damit.

Und dann, so etliche Wochen später, ich grübelte über meinen potentiellen Weltbestseller, stürmte zweierlei unabhängig voneinander auf uns ein: Zuerst kam son’ Kerl in feinem Anzug an, und stellte sich mit ‘Finanzamt’ vor. Ich bat ihn herein und bot ihm Kaffee an. Er hatte gerade angefangen, argwöhnisch zu gucken, da fing das Telefon an zu tun, und ich hob arglos ab.

Einer der Typen von Associated Spacecraft, die wir Brüssel kennengelernt hatten, war dran und plauderte auch gleich ganz locker über den augenblicklichen Streik in England. Er hatte zweifellos Recht, als er dabei antippte, dass der Streik momentan vom unternehmerischen Standpunkt her gesehen, etwas ungelegen kam und ließ dabei oft und intensiv anklingen, dass er von unserem sagenhaften Ruf in der Branche überaus angetan war.

Ich zeigte mich solange unbeeindruckt, bis der Associated Spacecraft-Mann mit seinem Anliegen herauskam: Sie suchten dringend jemanden, der in Lizenz einige Nachbrenner fertigen könnte, wegen des Streiks, und ob wir denn damit keine Probleme hätten?

„Wir hatten noch nie einen Streik in der Centaury Raumschiff Manufactur”, sagte ich, „außerdem gibt es keine Probleme! Es gibt nur Herausforderungen!”

„Selbstverständlich”, gab mir der Associated Spacecraft-Mann Recht.

„Würden Sie es eventuell als Herausforderung betrachten, für uns eine Serie Nachbrenner aufzulegen?”

Ich machte eine Kunstpause und stellte mir in Gedanken vor, wie wir in unserer doch recht kleinen Wohnung Nachbrenner für Raumschifftriebwerke herstellen würden. Es war trotz gutem Willen doch zu eng. Ich bedauerte außerordentlich.

„Schade”, sagte der Associated Spacecraft-Mann, „wir wären so gerne mit ihnen ins Geschäft gekommen! Was machen Sie denn so zurzeit?”

Ich sah auf das Modell auf dem Nachttisch in dem die liebe Lydia unser Massageöl aufbewahrte, weil es sich aufklappen ließ, und sagte: “Wir machen zur Zeit eigentlich nur Kleinraumschiffe, je kleiner desto besser. Im Moment haben wir“, ich dachte mir ruckartig eine möglichst professionelle Bezeichnung aus, „die XF-48 ‘Tiger Wasp’ in Arbeit, ein sehr interessantes Modell.”

„Ach, die”, stöhnte der Associated Spacecraft-Mann, „den Auftrag hätten wir beinahe an Land gezogen. Wie haben Sie das hingekriegt?”

‘Die Brüder lügen doch alle’, dachte ich und fuhr fort: “Da sollten Sie mal Oberstleutnant Greulich, unseren Direktor für Design kontaktieren. Die behaupten zwar alle, er wäre ein Irrer, aber das vermag ich nicht zu beurteilen. Seine Modelle sind jedenfalls von nie dagewesener Genialität! – Er hat einfach drauflos gebaut, nehme ich an.”

„Und das klappt? Einfach so, ohne Auftrag? Das haben wir ja noch nie probiert.”

„Aber geben Sie bitte nicht mir die Schuld, wenn Sie einfach drauflos basteln, und die Sache geht in die Hose.”

„Ich werde das mal in unserem Management zur Sprache bringen. – Können Sie uns denn jemanden empfehlen, der die Nachbrenner fertigen könnte? Wir sind momentan in einer argen Bedrängnis.”

“Versuchen Sie es doch mal bei MBB, ERNO oder Aérospatiale, die sind sicher für jeden Auftrag dankbar.”

Der Associated Spacecraft-Mann bedankte sich überschwänglich und legte auf. Dass wir einige Tage später einen Scheck für Beratertätigkeit erhielten, den wir anonym der streikenden Gewerkschaft in England zukommen ließen, braucht ja wohl nicht sonderlich erwähnt zu werden, aber zunächst war der Mann vom Finanzamt abzuwimmeln.

Dieser war inzwischen bei seiner dritten Tasse Kaffee.

„Was kann ich nun für Sie tun?”, fragte ich und machte ein ernstes Gesicht, „stimmt was nicht mit meinem Lohnsteuerjahresausgleich?”

Herr Finanzamt schnappte nach Luft: „Na, hören Sie mal, Sie haben eine Raumschiffmanufaktur und keinen Gewinn gemacht, das kann doch nicht sein!”

„Wieso denn nicht?”

„Sowas macht doch kein normaler Mensch!”

„Stimmt”, sagte ich und dachte an Oberstleutnant Guntram Greulich, „wir expandieren allerdings noch.”

„So, so”, sagte Herr Finanzamt, „darf ich mal telefonieren? Bei meinem Handy ist der Akku leider alle.”

„Bitte”, ich deutete auf das Telefon.

Wie ich erkennen konnte, wählte Herr Finanzamt die Berliner Vorwahl und ich überlegte mir, ob das Einzige, was in unserem noch jungen Unternehmen expandieren würde, die Telefonrechnung sein könnte.

Während Herr Finanzamt ein Weilchen gar munter mit einer Ursula vom Verteidigungsministerium plauderte, kam ich zu der Erkenntnis, dass der Centaury Raumschiff Manufactur die unternehmerische Härte und Risikobereitschaft fehlte, und dass unser Plan von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Ich sah mich schon im Zuchthaus bei Wasser und Brot, und was das Schlimmste war, getrennt von der lieben Lydia, der klügsten und geschäftstüchtigsten aller Frauen.

Wenn sie die Sache alleine in die Hand genommen hätte, wäre diese Schlappe sicherlich nicht passiert. Jetzt, da ich ihre unternehmerischen Fähigkeiten dringend brauchte, war sie auf dem Wochenmarkt um Porree und Kleietabletten für bessere Verdauung des Managements zu beschaffen.

„Tja”, sagte Herr Finanzamt schließlich, „da muss ich mich wohl bei Ihnen entschuldigen.”

„Hä”, fragte ich, „ich fürchte, ich verstehe nicht.”

„Na, Sie fischen aber ganz schön nach Komplimenten! So ein Konzern wie Ihrer ist mir ja noch nie untergekommen, alle Achtung! Ein Unternehmen, das Raumschiffe baut, und noch niemals einen Liefertermin überschritten hat, noch nie versucht hat, an irgendwelchen Verträgen rumzumachen, noch nie wegen einer fälligen Rechnung angemahnt werden musste, und noch nie versucht hat, irgendwelche Gelder ins Ausland zu transferieren, soll mir mal jemand zeigen! Und was das Schönste ist: Sie haben noch nie Entlassungen vorgenommen, noch nie Geld aus Berlin verlangt und haben auch keine Schmiergelder angenommen! Kein Wunder, dass Sie noch keinen Gewinn gemacht haben. Sowas ist mir ehrlich gesagt noch nie passiert. – Wie weit sind Sie eigentlich bei der Erforschung des Thomas de Maizière-Effektes?”

„Tja”, sagte ich, „mit dem Thomas de Maizière-Effekt stoßen wir in bisher unbekannte Dimensionen vor.”

„War ja auch nur eine private Frage. Wussten Sie eigentlich, dass Sie beim Verteidigungsministerium und in der Branche den allerbesten Ruf genießen, und das alles ohne Existenzgründungsdarlehen. Die Firma Associated Spacecraft stellt übrigens ernsthafte Überlegungen an, Ihnen die gesamte Triebwerksproduktion zu überlassen, weil Ihr know how auf diesem Gebiet unübertroffen sein soll.”

Der brave Beamte hätte sicherlich noch eine Weile weiter gefragt, aber das Telefon fing wieder an zu tun. Ein Fabrikant rief höchstpersönlich an und erkundigte sich, ob wir unsere Fertigungsanlagen nicht automatisieren lassen wollten.

„Wir haben aber keine Fertigungsanlage, die automatisiert werden könnte.”

„Es gibt aber nichts, was wir nicht automatisieren könnten!”

„Davon bin ich überzeugt”, sagte ich.

„Wir könnten natürlich”, fuhr der Fabrikant fort, „selbstverständlich völlig unverbindlich, und nur zur Demonstration unserer Leistungsfähigkeit, die heimischen Küchen ihres Top-Managements automatisieren.”

Das Gespräch endete damit, dass wir uns auf keinen Termin einigen konnten. Aber Herr Finanzamt zeigte sich interessiert, seine Küche automatisieren zu lassen und übernahm mit durchaus positivem Abschluss und breitem Grinsen das Telefonat. Er bedankte sich überschwänglich bei mir für den heißen Tipp und hinterließ mir für alle Fälle seine private Telefonnummer, für wenn wir mal steuerliche Probleme haben sollten, es gäbe stets irgendwelche Schlupflöcher.

Es passierte wieder eine Weile nichts, aber dann erhielten wir eine Einladung vom ‘Ausschuss für Kleinraumschiffe’, ich sollte einen Vortrag über den Thomas de Maizière-Effekt halten. Ich erklärte mich für inkompetent und verwies auf die Firma Associated Spacecraft.

Statt einer Antwort bekamen wir einen Scheck von den Associated Spacecraft-Leuten, die sich glücklich schätzten, über den Thomas de Maizière-Effekt sprechen zu dürfen, und eine Einladung für die Tagung des Ausschusses für Kleinraumschiffe, wobei sich die Firma Associated Spacecraft freuen würde, uns als Gäste zu betrachten.

Den Scheck leiteten wir an ein Waisenhaus weiter, kurze Zeit darauf erhielten wir von dem Manager des Waisenhauses die Einladung zur Einweihungsfeier seines neuen Swimming Pools, doch zunächst fuhren Lydia und ich zur Tagung des Ausschusses für kleine Raumschiffe, wir wollten endlich mal etwas wissenschaftlich-fundiertes über den Thomas de Maizière-Effekt erfahren.

Falk kam auch mit, er wollte endlich mal wieder in Ruhe einen Joint bauen.

Der Vortragende war leider erkrankt, und so sprang jemand anders ein, mit einem Vortrag über Strömungsprobleme beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre.

Uns fiel auf, dass sich der Saal während des Vortrages zunehmend leerte. Da wir bei unseren Modellen keine Probleme beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, eigentlich überhaupt keine Probleme, hatten, gingen wir auch und fanden die Teilnehmer des Ausschusses für Kleinraumschiffe in dem Nachbarsaal wieder, in dem der Kongress der Spielwarenhersteller die elektrischen Eisenbahnen aufgebaut hatte.

Genau wie die anderen, ließen wir zunächst verlegen lächelnd aber dann doch ernsten Gesichtes, Züge über Viadukte und durch Tunnel donnern.

Die Pflichtübung der Tagung erledigten wir am Abend, das heißt, wir juxten mit den anwesenden Offizieren herum und soffen mit den Jungs von Associated Spacecraft und was sich sonst noch alles mit kleinen Raumschiffen abgab.

Falk war mitten drin und zog mit den Jungs vom Sicherheitspersonal einen Joint nach dem anderen durch, was dazu führte, dass sich diese Herren gegenseitig Handschellen anlegten.

Als es am nächsten Tag ernst zu werden drohte, rief Katrin ganz aufgeregt während eines Sonderseminars über Motivationsprobleme des Managements bei Kongressen an, und erzählte, dass unsere Katze irgendwie krank sei.

Die liebe Lydia bewies hohe Diplomatie, indem sie dem Ausschuss für Kleinraumschiffe klar machte, dass ein Krankheitsfall in der unmittelbaren Peripherie unserer obersten Führungsebene unsere sofortige Rückreise erfordern würde.

Die halbe NATO bedauerte außerordentlich, wir fuhren nach Hause und mit Anna-Karenina, unserer Salonlöwin, zum Tierarzt.

Aber Anna-Karenina hatte nur mal wieder zu viel gegessen und in den Flur gekotzt. Als wir mit ihr heimkamen, lag ein Haufen Telegramme mit den besten Genesungswünschen bei uns zu Hause herum, eins kam sogar aus Moskau, und die Associated Spacecraft schickte einen Scheck.

Den Scheck leiteten wir nach Canastarica weiter, einem der ärmsten Entwicklungsländer, die uns bekannt waren. Wenig später erhielten wir von dort die Einladung, den neu erworbenen Hubschrauber zur Bekämpfung eventueller Guerillas zu besichtigen.

Ich wäre zwar gerne nach Canastarica gefahren, aber Lydia, die weitsichtigste aller Frauen, war der Ansicht, dass die ganze Geschichte schon Eigendynamik genug entwickelt hatte, und wir es nicht übertreiben sollten.

Um ganz sicher zu gehen, verdonnerte sie mich dazu, ihr beim Frühjahrsputz zu helfen, und ich hatte absolut keine Zeit mehr, mich um irgendwelche Korrespondenzen mit anderen Herstellern oder Zulieferern von Raumschiffen zu kümmern. Sogar die Schecks von Associated Spacecraft blieben aus, weil wir keine Gelegenheit mehr fanden, den Namen Associated Spacecraft irgendwo zu erwähnen.

Weil wir den Platz auf dem Flur dringend für die Raumschiffmodelle des Herrn Oberstleutnant Guntram Greulich benötigten, brachten wir die Kiste zur Post, bezeichneten sie als ‘Irrläufer’ und schickten sie zurück.

Kurz darauf erhielten wir den eingangs erwähnten Ursula von der Leyen-Preis, weil wir noch nie einen Liefertermin überschritten hatten. Wir grübelten eine Weile ob da ein Zusammenhang besteht, kamen aber zu keinem logischen Ergebnis.

Seit dem ist nichts weiter passiert, nur Katrin hat sich mit Oberstleutnant Guntram Greulich verlobt. Glücklicherweise verschont der uns seit dem mit seinen Modellen und stellt sie bei Katrin ins Vertiko, aber das ist eine andere Geschichte.

Und was die Sache mit dem Thomas de Maizière-Effekt betrifft, also, da arbeiten wir noch dran, denn ich möchte endlich wissen, was das überhaupt ist, der Thomas de Maizière-Effekt.

Du dann hat uns dieser Oberstleutnant Guntram Greulich eine funktionstüchtige Bombe vom Typ SCL 250 in den Flur gestellt. Aber ich greife vor, denn davon handelt die nächste Geschichte.