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Für alle die nicht mehr suchen möchten
brachte er mit zweieinhalb Jahren noch kein Wort über die Lippen. In der Schule wurde er wegen seiner jüdischen Abstammung beschimpft und geschlagen. Nach Problemen mit einem Lehrer, verließ er verfrüht die Volksschule und wollte sich im Selbststudium auf die Aufnahmeprüfung an der heutigen ETH Zürich vorbereiten. Natürlich vermasselte er sie und musste in Aarau das Maturajahr nachholen, um ohne Prüfung aufgenommen zu werden. Im späteren Studium an der ETH versäumte er, die mathematischen Fächer gründlich mit zu verfolgen, da er Mathematik als völlig unwichtig für die Physik empfand. Ein fataler Fehler, denn später musste er in jahrelanger quälender Arbeit die ihm fehlenden Mathematikkenntnisse nachholen, oder andere mussten ihm auf die Sprünge helfen. Nach beendetem Studium mit durchschnittlichen Noten, wollte ihn an der ETH niemand als Assistent, und als Doktorant wurde er an der Universität Zürich trotz mehreren Versuchen abgewiesen. Einige Jahre später sollte ihm auch der Posten zur Habilitation in Bern verwehrt werden, er war zu eigenwillig. Mehrere Male veröffentlichte er eine Allgemeine Relativitätstheorie, die er später wieder als falsch revidieren musste. Und als er endlich die richtigen Gleichungen gefunden hatte, verirrte er sich drei Jahre lang, bevor er begriff, dass das, was er suchte, schon längst in seinem Notizbuch steht.
Starrköpfig bekämpfte er die Quantenmechanik, welche die Heissenbergsche Unschärferelation beinhaltet, obwohl sie heute als eindeutig belegt gilt. Sein großes Lebensziel, eine mathematisch einheitliche Feldtheorie, die sowohl das Elektromagnetische Feld wie auch das Gravitationsfeld beinhaltet, die sogenannte Weltformel zu finden, sollte er nie erreichen. Fleißig verfasste er regelmäßig Veröffentlichungen zu diesem Thema, die sich aber immer als falsch herausstellten. Andere Physiker belächelten ihn deshalb zusehends. Im Exil in den USA schrieb er zweimal an den Präsidenten Roosevelt, um die Forschung an der Atombombe zu beschleunigen, was ihm später auch den Übernamen Vater der Atombombe einbrachte.
Sein Privatleben verlief auch nicht viel besser. So verkrachte er sich mit seiner ersten Frau. Daraufhin verfasste er ein Memorandum, eine Art privates Abkommen in dem stand, dass sie ihn beim Arbeiten nicht stören oder keine Zärtlichkeit von ihm verlangen darf. Natürlich zog sie aus und er musste ihr große Geldsummen für den Unterhalt der zwei Kinder bezahlen, unter anderem auch die Preissumme für den Nobelpreis. Ihr gemeinsames erstes Kind ist spurlos verschwunden, wahrscheinlich haben sie es zur Adoption freigegeben. Der zweite Sohn wurde später wegen Schizophrenie in die Klinik Werdhölzli in Zürich eingeliefert. Parallel zu seiner nächsten Frau vögelte er mit Geliebten rum.
Nebenbei entwickelte er im Jahre 1905 die Spezielle sowie zehn Jahre später die Allgemeine Relativitätstheorie, begründete die Quantentheorie, worauf der Welle-Teilchen-Dualismus des Lichtes basiert und er ging regelmäßig auf das WC. Seine eigene Interpretation, warum er die Relativitätstheorie entdeckte, war folgende: „Der normale Erwachsene denkt über Raum-Zeit-Probleme kaum nach. Das hat er nach seiner Meinung bereits als Kind getan. Ich hingegen habe mich geistig derart langsam entwickelt, dass ich erst als Erwachsener anfing, mich über Raum und Zeit zu wundern.“
´Tja, das lässt noch Hoffnung offen, auch geistig Zurückgebliebene können es zu was bringen´, denkt er.
Im Jahre 1955 kratzte er schließlich ab.
´Gibt es wirklich Genies? Im Sinne, wie es sich der Durchschnittsbürger vorstellt wohl kaum. Menschen haben zwar geniale Ideen, aber jeder von uns hat das Potential dazu. Es sind meist Außenseiter, die durch einen verschissenen Lebensweg die richtige Vorgeschichte und überdurchschnittliche Motivation, bedingt durch Minderwertigkeitskomplexe, mitbringen. Sie stolpern über die richtigen Bücher und Ideen, sie kombinieren sie neu und fertig ist die geniale Idee. Wenn nicht ihm, dann käme es früher oder später jemand anderem in den Sinn. Sie produzieren geniale Ideen, mehr aus Zufall, aber ihr Gehirn muss wegen dem noch lange nicht genial sein. Heute wird jeden Tag eine neue Theorie aufgestellt, die später bestätigt wird und an Komplexität diejenige von Einstein bei Weitem übertrifft. Ihr Einfluss ist aber nur im Promillebereich derjenigen von Einstein. Niemand würde es in den Sinn kommen, alle diese Leute deshalb als Genies zu bezeichnen. Erst das Ausmaß der Popularität der Idee selbst macht den Begründer nachträglich zu einem offiziellen Genie. Eine Art nachträglich verliehener Kult vom Durchschnittsbürger, der etwas als genial bezeichnet, was er nicht beurteilen kann. Eine nachträgliche Belohnung für soziale Außenseiter, die sich mit Arbeiten von der Einsamkeit und Sinnlosigkeit ablenken. Und plötzlich werden sie als Genies bezeichnet, was sie selber etwas erstaunt, aber was sie natürlich gerne auf sich beruhen lassen´, denkt er.
Er betritt die Pont Neuf. Ein paar Leute kommen ihm entgegen, keine nennenswerten Titten. Ein alter Mann fasst sich an den Sack. In der Mitte der Seine blickt er aufs Wasser.
´Mein Medium, völlig chaotisch und faszinierend. Beschreibbar mit den identischen Differenzialgleichungen wie das Wetter, den Navier-Stokes-Gleichungen. Im Jahre 1827 unabhängig von Claude Louis Marie Henri Navier und 1845 von George Gabriel Stokes hergeleitet, doch bis heute nicht analytisch nach den relevanten Größen, wie der Geschwindigkeit, lösbar. Aber sicher doch, in ein paar Hundert Jahren kommt bestimmt wieder ein geistig Zurückgebliebener und löst das Problem´, denkt er.
In der Mitte der Pont Neuf biegt er links in die Ile de la Cité ein. Vor ihm öffnet sich eine kleine, ruhige Oase, der Place Dauphine. Er besteht aus einem dreieckigen Park mit Bäumen und ein paar Sitzbänken. Nur wenige Touristen verirren sich hierher. Die geschlossenen Häuserreihen schirmen gegen den Verkehrslärm ab und in den Bäumen pfeifen ein paar kitschige Vögel. Er ruht sich auf einer Parkbank aus.
In der Mitte vom Park spielt eine Gruppe älterer Herren Boule auf dem Schotterplatz. Sie sind ungefähr zwischen fünfzig und siebzig Jahren alt. Derjenige, dessen Stahlkugel am Schluss am nächsten an der kleinen gelben Kugel liegt, hat gewonnen. Er darf sie dann aufheben, wirft sie auf den Boden und ein neues Spiel beginnt. Auf einer nahe gelegenen Bank stehen eine Rotweinflasche und ein paar halb gefüllte Gläser als Proviant bereit. Einige haben ihre Weingläser auf Mann.
Die Männer lachen und klopfen Sprüche auf Kosten von unterlegenen Mitspielern, um den Rest der Gruppe zu unterhalten. Der Angegriffene versucht zu kontern; erneut lachen einige. Zweiergruppen stecken die Köpfe zusammen und flüstern sich nach einem missglückten Wurf etwas ins Ohr. Besonders gute Würfe werden gelobt, der Gewinner ist stolz.
´Gruppen! Früher dachte ich, dass man in Gruppen sein muss. Man wird geradezu dazu gezwungen: In der Familie, im Kindergarten, in der Schule, im Verein, im Ausgang. Bis ich plötzlich realisierte, dass ich mich gar nicht wohlfühle in Gruppen. Ich brauche euch überhaupt nicht. Ich kann sogar nur außerhalb von Gruppen glücklich sein. Die Gruppenstruktur und Gruppenprozesse finde ich zum kotzen. Verdammte Gruppennormen, verfluchte Rollen, in die die Mitglieder reingezwängt werden. Beschissene Gruppenkonflikte, bekackte Konformität, die feige Vereinheitlichung der Meinung und Verhaltensweisen der Mitglieder unter dem Druck der anderen Gruppenmitglieder. Ihr habt meine Innenwelt verzerrt, ich habe mich euren Regeln unterworfen, aber jetzt verpisst euch endlich!
Das Verhalten eines Individuums verändert sich extrem in Gruppen. Der Mensch kann einfach nicht gleichberechtigt in einer Gruppe leben, ohne Andere zu richten. Sofort meint einer, er müsse sich hervorheben und das geschieht oft auf Kosten eines Schwächeren. Wir unterscheiden uns nicht wirklich von den Tieren.
Betrachten wir das Beispiel Sprachschule, weit weg von zu Hause. Keiner kennt den Anderen, alle sind anfänglich schüchtern, alle sind gut. Und dann werden wir einer Gruppengehirnwäsche unterzogen. Und nach drei Monaten? Ein Scherbenhaufen. Viele können nicht mehr miteinander reden. Die Gruppe als Ganzes ist in viele Zweier- oder Dreiergruppen aufgesplittert. Viele lästern über Andere. Einer hatte Interesse an einer Frau, die wollte nichts wissen, er ist verletzt und versucht sie nun bei jeder Gelegenheit schlecht zu machen. Der Eine denkt, der Andere denkt negativ über ihn, jetzt denkt er, der Andere ist eh ein Arsch und redet nicht mehr mit ihm. Einer hat Angst in der Gruppe unterzugehen, er findet sich minderwertig und fängt an Witze auf Kosten Anderer zu machen. Also beginnt er mit unfairen Spielchen, macht Witze über eine Frau die er nicht mag. Andere sehen sich nur als Teil der Gruppe, von ihr bestätigt, wenn sie mitlachen. Dieselbe Frau fühlt sich von der ganzen Gruppe angegriffen und jetzt sondert sie sich ab. Neue Angriffsfläche öffnet sich, ein Teufelskreis beginnt.
Zurückblickend kann jede meiner miesen Lebensperioden darauf zurückgeführt werden, dass ich in einer Gruppe war, wo ich mich unwohl fühlte: Im Gymnasium, im Ausgang, oder, der beschissene Höhepunkt, im Militär. Damals, als ich endlich akzeptierte, dass ich ein Einzelgänger bin, und in keiner Gruppe sein wollte, steigerte sich meine Lebensqualität sprunghaft um 30 Prozent. Endlich konnte ich die ohnehin unbegründete Angst ablegen, von jemandem in der Gruppe angegriffen zu werden´, denkt er.
Er schließt die Augen und versucht etwas zu schlafen. Nach einiger Zeit nähert sich ein älterer Herr mit gekrümmter Haltung und einem Spazierstock als Gehhilfe. Er nimmt neben ihm Platz. Das Gefühl, dass jemand neben ihm sitzt, ist ihm unangenehm. Er ignoriert ihn und täuscht vor, dass er schlafen würde.
„Hatschi, hatschi“, Schallwellen kommen aus seiner Richtung.
´Ruhe, du dummer Schwanz!´, denkt er.
Als Kind bekam ich zwei Schläge, die sich ins Unterbewusstsein eingenistet haben, neben einzelnen harmlosen Hieben von meinem Vater.
Den ersten Schlag bekam ich in der Oberstufe. Ich kam in die 4. Klasse und diverse Gruppen haben mich bereits recht schüchtern und verklemmt gemacht. Eine junge Lehrerin unterrichtete uns. An diesem Nachmittag hatten wir Musikunterricht. Alle drei Klassen saßen gemeinsam in einem Kreis. Die älteren Schüler der 5. und 6. Klasse hatten an diesem Tag nur Schwachsinn im Kopf. Sie machten Blödsinn und das zog sich über die ganze Stunde so hin. Die Lehrerin verlor langsam aber sicher ihre Nerven. Ich saß in meinem Stuhl und beobachtete die Geschehnisse, sagte aber die ganze Stunde kein Wort. Sie war wohl schon ziemlich am Ende ihrer Nerven angelangt, als sie drohte, dass es bei ihr „auch kochen kann“. Da rutschte mir so ein scheiß Spruch raus, um der Gruppe