Internetbuch der Parc des Buttes Chaumont

 

Willkommen bei unserer neuesten Idee, einem kostenlosen Buch, dessen Teile ihr zu einem Ganzen zusammenfügen könnt.

Wahrscheinlich bist du ganz zufällig hier gelandet, oder doch nicht? Oder du bist an der falschen Stelle oder was auch immer.

Lies einfach! Für Fragen bitte einfach den oben stehenden Banner anklicken, denn du befindest dich ja in einem Internetbuch.

Für alle die nicht mehr suchen möchten

der Parc des Buttes Chaumont, sein Ziel für den heutigen Spätnachmittag.

Über eine graue Stahltreppe steigt er zwischen Fachwerken auf das Straßenniveau hinunter. Um zur Rue Armand Carrel zu gelangen, muss er einige Fußgängerstreifen überqueren. In der Mitte vom Fußgängerstreifen haut ihn irgendein Typ mit Schreibunterlage an.

Vous avez quelques minutes pour réponder des questions?“

´Hat der jetzt einen Totalschaden? Will der mich hier auf dem Fußgängerstreifen tatsächlich interviewen?´, denkt er.

Non, merci, je ne suis pas d’ici.“

Mit einem Lächeln zieht er rechts von ihm vorbei und biegt in die Rue Armand Carrel ein, eine gerade Straße, die zum Haupteingang vom Park führt.

Der Parc des Buttes Chaumont ist ein beliebtes Freizeitziel. Er wird vor allem von Parisern, weniger von Touristen besucht. Viele Bäume und Pflanzen stehen in der Gegend rum, peinlichst genau gepflegt. Die Architektur erinnert teilweise an einen chinesischen Garten. In der Mitte befindet sich ein künstlicher See, in dem ein rund 50 Meter hoher Fels mit einem Minitempel auf der Spitze steht. Auf der linken Seite vom Felsen, in einer Grotte, plätschert ein Wasserfall in den See. Den Wasserfall schalten sie am Abend aus. Im See selber schwimmen ein paar Schwäne. Sie sind nicht angekettet, scheinen also freiwillig hier zu sein. Viele Vögel versuchen vergebens, den Verkehrslärm um den Park herum zu übertönen. Auf allen Seiten ist er durch einen großen Gitterzaun begrenzt, und etwas weiter außen übernehmen Häuser diesen Job. Der Park besitzt neben dem großen Felsen zwei bis drei kleinere Hügel. Viele Pariser quälen sich diese Hügel hinauf oder umrennen sie, um etwas Sport zu treiben.

Stress wird vor allem von neuen, unkontrollierbaren oder unvorhersehbaren Situationen ausgelöst. Dabei unterscheidet man zwischen einer kurzfristigen und einer längerfristigen Stresseinwirkung. Die Reaktion auf die kurzfristige Situation kommt aus der Steinzeit, als unser Körper bei Gefahr in einen erhöhten Bereitschaftszustand versetzt wurde, um beispielsweise einem wild gewordenen Affen den Schädel zu zertrümmern. Dabei schütten die Nervenendigungen Noradrenalin und das Nebennierenmark Adrenalin ins Blut aus. Die Folge ist eine Aktivierung der Muskulatur und der Anstieg der Herz-Kreislauffunktionen. Bei der längerfristigen, gefährlicheren Stressbelastung wird die sogenannte Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrindenachse (HPA-Achse) aktiviert. Der Hypothalamus ist der Teil im Gehirn, der für Steuerung von Funktionen wie Essen, Trinken, Schlafen, Wachen, Körpertemperatur oder Sex zuständig ist. Er ist ein zentrales Bindeglied zwischen Nervensystem und Hormonsystem, mittels des Wegs über das Blut. In Stresssituationen bekommt der Hypothalamus den entscheidenden Hieb vom Zentralnervensystem, Achtung Stress. Daraufhin setzt er das Corticotropin-Releasing Hormon frei, das wiederum in einem benachbarten Hirnbereich, der Hypophyse zur Freisetzung vom Adrenocorticotropin Hormon führt, welches sich sofort ins Blut freisetzt. Die Nebennieren finden den Stoff so geil, dass sie endlich das lang ersehnte Stresshormon Cortisol freisetzen. Das Cortisol im Blut hat einen hemmenden Rückkoppelungseffekt auf den Hypothalamus zur Folge, wo nun die Ausschüttung vom Corticotropin-Releasing Hormon gehemmt wird. Es gilt als erwiesen, dass lang anhaltende Stresssituationen zu Schlafstörungen, Depressionen oder sogar Schäden an den Organen führen können. Sportliche Aktivität begünstigt den Abbau stressbedingt freigesetzter Hormone und verringert so die schädigende Ablagerung der Hormone in den Organen.

Bereits die Pariser Babys, die noch an den Nippeln der Mütter saugen, kennen die HPA-Achse in- und auswendig. Deshalb versuchen die Pariser, den Alltagsstress im Parc des Buttes Chaumont mit Joggen abzubauen.

Er macht sich auf den Weg Richtung Minitempel. Der Weg ist künstlich angelegt. Das einem Holzgeländer nachahmende Geländer besteht aus Beton. Auch die Steine sind künstlich gefertigt, sieht aber trotzdem alles sehr naturnah aus.

Ein paar jugendliche Clochards wollen Geld von ihm. Der eine täuscht vor, wie er gleich weinen müsste. Er kann das schon recht gut, wobei er noch keine echten Tränen zustande bringt. Diese schauspielerische Leistung ist ihm einen Euro wert.

Der runde Tempel auf dem Felsen ist nur gerade vier Meter im Durchmesser und besteht aus sieben Säulen und einem Steindach. Zentriert darunter befindet sich eine runde Steinbank. Wie fast überall, sieht man, wie sich die Sacré-Coeur in der Ferne langweilt. Der Eiffelturm schafft es trotz seiner Größe wieder mal nicht ins Panorama.

Er packt seinen Proviant aus und beginnt zu essen.

In der Oberstufe begannen sich meine Schwächen und Stärken abzuzeichnen. Meine Stärke war Mathematik. Im Kopfrechnen konnte mir niemand was vormachen. Wir hatten oft Quiz-Stunden, wo wir gruppenweise gegeneinander antreten mussten. Der Lehrer stellte eine Aufgabe, ich schoss meist zehn Sekunden vor allen Anderen mit der Lösung heraus. Der Lehrer war selber überfordert und brauchte einige Zeit um das Resultat zu prüfen.

Unter den Mittschülern stieg ich allmählich zum Mathematikgenie auf. Das war in einer Klasse mit fünf Schülern nicht wirklich schwierig.

Meine Schwäche war Rechtschreibung. Da war ich eine riesen Pfeife und beendete unvorbereitete Diktate regelmäßig mit einer Note jenseits von genügend. Angekündigte Diktate musste ich zu Hause rund zehnmal durcharbeiten, bis ich meine Fehlerquote von anfänglich 30 auf null runter brachte. Parallel stieg die Beanspruchung der Nerven der Mutter entsprechend beim Diktieren.

Mit meiner Rechtschreibeschwäche fiel ich nicht weiter auf. Von uns fünf war ich im Mittelfeld, da zwei andere Schüler das gleiche oder sogar ein größeres Problem hatten.

Trotzdem war ich der Einzige, dem diese Schwäche etwas auszumachen schien. Es wurde somit entschieden, mich in die Legasthenie zu schicken. Einmal die Woche musste ich zum Privatunterricht bei einer speziell ausgebildeten Lehrerin.

Nun hatte ich einen weiteren Beweis, ich bin tatsächlich eine Null in Rechtschreibung, somit sank mein Rechtschreibselbstvertrauen noch weiter in den Keller.

Ich gehörte also zu dem Abschaum, der eine Schwäche aufwies. Ich schämte mich dafür und erzählte niemandem etwas über meine heimliche Nachhilfe.

Dafür war ich stolz, einmal die Woche alleine mit dem Bus in den Legasthenieunterricht zu reisen, was ich natürlich niemandem erzählte.

Mein Vater war ein Musikfanatiker, sein großes Hobby war die Brass-Band-Musik. Wir Kinder durften ein Musikinstrument lernen, Sport kam auf keinen Fall infrage. Es war klar, dass es ein Blechblasinstrument sein musste, mit welchem wir in den heiligen Brass Bands mitspielen konnten. Die Schwestern lernten Gitarre oder Saxofon und bekamen dafür vom Vater dumme Sprüche zu hören. Eigentlich hätte auch ich lieber was anderes gelernt, doch vermutlich wollte ich ein schlechtes Gewissen vermeiden. Also fing ich in der sechsten Klasse, nach der obligatorischen Ausbildung auf der Holzflöte, mit Kornettspielen an. Das war wohl die einzige Möglichkeit, die Aufmerksamkeit vom Vater zu gewinnen, die sonst überhaupt nicht vorhanden zu sein schien. Ich stellte mich als Talent heraus. Als ´Motivation´, pflegte mein Vater mir am Ende vom Jahr die Rechnung für den Musikunterricht zu zeigen, mit den Worten: „Siehst du, wie teuer das ist?“

Mein Gespür für Geld hatte ich aus dem Salär für das Kirschenpflücken entwickelt. Verdammt, das kostet 100mal mehr als ich für eine Woche Arbeit bekomme. Ich bekam schreckliche Schuldgefühle und erhöhte meine tägliche Übungszeit.

Nach der Primarschule gab es drei Möglichkeiten mit der Ausbildung fortzufahren. Man wechselte in die Realschule, was man nur unfreiwillig mit schlechten Noten tat. Normal war es, in die Sekundarschule zu wechseln. Als Streber galt man, wenn man ins Gymnasium ging, mit der Möglichkeit auf ein anschließendes Studium. Dazu musste man überdurchschnittlich gute Noten vorweisen. Die Real- und Sekundarschule lag im Nachbardorf, wo wir bereits den Kindergarten besucht hatten. Das Gymnasium lag in einer acht Kilometer entfernten Kleinstadt. Trotz meiner miesen Note in Rechtschreibung an der Übertrittsprüfung, die meinen gesamten Notendurchschnitt um 0.3 Zähler senkte, reichte es trotzdem für das Gymnasium. Zwei von unserer Klasse mussten in die Realschule, zwei konnten in die Sekundarschule.

Ich hatte keine Ahnung, was ich nun machen sollte. Wahrscheinlich hatte ich Angst ins Gymnasium zu gehen, da ich dann als Streber abgestempelt würde. Ich war einer der Ersten im Dorf, der sich ernsthaft überlegte, ins Gymnasium zu wechseln. Zudem waren meine Selbstzweifel groß, dass ich am Gymnasium nicht bestehen könnte, ich war immerhin Legastheniker. Mein Lehrer glaubte herauszuinterpretieren, dass ich die Herausforderung annehmen möchte. Meine ältere Schwester riet mir ebenfalls dazu. Beeinflussbar, wie ich war, folgte ich ihren Ratschlägen und entschied mich für das Gymnasium. Heilige Scheiße, zum Glück wurde ich damals in die richtige Richtung gedrängt!

´Auch heute noch sind meine Selbstzweifel oftmals sehr groß, so groß, dass ich selbst in der Therapie daran zweifelte, nicht nicht normal zu sein. Habe ich wirklich das Recht, die Zeit des Psychologen in Anspruch zu nehmen? Es war eine große Erleichterung für mich, als der Therapeut sagte: „Ja, Sie haben ein Recht hier zu sein.“

Cool, aber eigentlich sind wir doch alle krank. Der Therapeut beispielsweise sieht wesentlich kränker aus als ich. Obwohl ich generell eine sehr hohe Meinung von Psychologen habe. Früher dachte ich, die gehen nur Psychologie studieren, um sich selbst zu heilen.

Wieviel Prozent machen ein Psychologiestudium um sich selber zu heilen?“, fragte ich eine Psychologin.

So circa 99 Prozent“, antwortete sie.

Später wurde mir bewusst, dass wir alle komisch sind. Die Psychologiestudenten realisieren das früh und wollen sich mit ihrem Innenleben auseinandersetzen. Sie versuchen, sich selbst zu finden, vielleicht das Allerwichtigste im Leben überhaupt. Sie sind daher die Gesündesten von uns allen. Dicht gefolgt von denen, die eine Therapie aufsuchen. Sie kommen mit einigen Jahren Verspätung zur Einsicht, dass man an sich arbeiten muss, um die Lebensqualität zu erhöhen. Hoffnungslos krank sind die, welche sich als normal ansehen und nie auf die Idee kämen, sie könnten ein Problem haben, oder es um jeden Preis verdrängen wollen. Die ihr ganzes Leben leben, ohne sich je mit sich selber beschäftigt zu haben, ohne sich selber je kennenzulernen. Ihr seid so krank! Und dann schaut ihr Filme wie Seven von David Fincher oder lest American Psycho von Bret Easton Ellis und denkt, diese Massenmörder sind ja so krank. Nein, wir sind alle krank. Ein sensibel denkender Mensch muss Schaden nehmen an der Gesellschaft! Entweder baut er Schutzmauern, um seine Gefühle zu schützen und/oder er kommt in die Klapsmühle. Wer verrückt wird, sieht wenigstens noch die Widersprüche in der Gesellschaft, ihr kämt nicht mal auf die Idee, welche zu suchen. Ihr seid taub und ignoriert. Wir gehören alle eingesperrt!´ denkt er.

Eine Frau und ein kleines Mädchen kommen den Weg zum Tempel hoch. Als das Mädchen den Tempel sieht, rennt es das letzte Stück, um zuerst oben anzukommen. Kinder sind so leicht zu begeistern. Es trägt ein schwarzes Kleid mit weißen Strumpfhosen unter einem Rock. Ihre Sandalen sind weiß, ihre dunkelblonden Haare sind zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Auf dem Rücken trägt das Mädchen einen Rucksack, der viel zu groß ist und es etwas tollpatschig aussehen lässt. Die Treppenabsätze sind Hürden für sie, die sie nur mit Schwung und einigem Schwanken passiert. Das Mädchen hat ein süßes Gesicht und sieht keck und aufgestellt aus. Es wird in 15 Jahren eine sehr hübsche junge Frau sein.

´Dir geht es noch gut. Du hast noch nicht darüber nachgedacht, dass das Leben keinen Sinn haben könnte. Du wirst in deinem späteren Leben noch verdammt viel leiden müssen.

Die Gesellschaft wird dir vorgaukeln, dass du deine große Liebe finden und glücklich sein wirst. Mit deinem erfolgreichen Traummann zwei Kinder hast und viele Freundinnen haben wirst.

Leider wirst du den Traummann nie finden. Du wirst deinen ersten Kuss haben und die Hormone werden dir was vorgaukeln. Später bist du sicher, den Richtigen gefunden zu haben und gehst mit ihm ins Bett. Er wird dich verlassen, denn er wollte dich nur flach legen und prahlt damit unter allen seinen Freunden. Du bist sehr begehrt unter den Knaben in deiner Klasse. Doch du begreifst, dass es nur an deinem hübschen Gesicht liegt und dass dein Inneres allen scheißegal ist. Die Anmachen der Mitschüler werden zunehmend aggressiver. Du spielst die Spielchen mit, um dich nicht unbeliebt zu machen, doch schließlich musst du abblocken. Du wirst von allen schlecht behandelt, die anderen Mädchen sind neidisch auf dich und die Knaben zeigen dir die kalte Schulter, weil sie nicht bei dir landen können.

Deine Brüste findest du zu klein oder zu groß, auf alle Fälle nicht richtig. Du denkst jahrelang an einen operativen Eingriff, lässt es aber doch bleiben.

Ohne Erfolg wirst du weiter auf deinen Traumprinzen warten, doch er wird nicht auftauchen. Du wirst dreißig und bekommst langsam Torschlusspanik, du wolltest doch Kinder. Zudem bekommst du Cellulitis und deine Brüste geben der Schwerkraft zunehmend inne. Also fährst du deine Ansprüche nach Jahren der Ernüchterung runter und lässt dich von einem tollpatschigen, fünf Jahre älteren Glatzkopf verführen, mit einem guten Einkommen. Du wirst ihn heiraten. Dein Ja in der Kirche kommt einigermaßen glaubwürdig über die Lippen, obwohl dein Unterbewusstsein rebelliert. Vielleicht wird es besser in der Ehe. Und vor allem willst du jetzt endlich Kinder haben.

Davon habt ihr zwei, von einer Fehlgeburt abgesehen, und nun bist du ein paar dumpfe Jahre glücklich. Deinem Mann fallen die restlichen Haare auch noch aus und sein Bierranzen wächst. Ihr habt kaum noch Sex und du fühlst dich nicht mehr begehrenswert, was völlig korrekt ist. Zudem vermutest du, dass dein Mann mit seiner Sekretärin rumvögelt. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn er vögelte bereits vorher regelmäßig mit Nutten rum. Weißt du, immer dann, wenn er dir sagt, er müsse heute etwas länger arbeiten.

Die Kinder werden größer und kommen in die Pubertät, und du kommst zunehmend weniger an sie ran und schließlich hassen sie dich.

Nun kommst du in die Wechseljahre und dein Mann poppt überhaupt nicht mehr mit dir.

Als das jüngere Kind 16 wird, verlässt dich dein Ehemann wegen einer 25-jährigen Geliebten mit geilen Silikontitten. Die Kinder ziehen weg und du bist nach einer schmerzhaften Scheidung wieder alleine. Du bist dir sicher, dass dich nie mehr ein Mann begehren wird, was ebenfalls stimmt.